Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer verfassungswidrig?

Wieder einmal soll sich das Bundesverfassungsgericht mit der Vereinbarkeit der aktuellen Regelungen zur Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer befassen.

Veröffentlicht am: 11.10.2012
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Ansicht, dass das geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) in seiner seit der Erbschaftsteuerreform 2009 geltenden Fassung nicht mit dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz vereinbar ist. Diese Frage soll nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klären.

Überprüft werden soll dabei die erhebliche - teilweise vollständige - steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen durch Erben oder Beschenkte. Der BFH ist hier der Ansicht, dass diese "Überprivilegierung" nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigt und daher verfassungswidrig sei.

Beschluss des BFH vom 27.09.2012, Az.: II R 9/11)

Hintergrund

Die Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer wird immer wieder gerügt. Dies war schon vor der letzten Erbschaftsteuerreform. Mit der Reform sollte eigentlich die Verfassungsmäßigkeit sichergestellt werden - so jedenfalls damals der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber.

Dieser versuchte zwar auf der Bewertungsebene eine einheitliche Steuerbewertung nach dem tatsächlichen Verkehrswert einzuführen, privilegierte jedoch insbesondere Erben von Betriebsvermögen, die bei entsprechender Fortführung des Unternehmens heute entweder vollständig oder ganz überwiegend von der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer befreit sind. Der Gesetzgeber begründete dies mit dem Gemeinwohlinteresse am Erhalt der Betriebe und insbesondere der daran hängenden Arbeitsplätze. In der Praxis führte dies jedoch unter anderem dazu, dass Rechtsanwälte und Steuerberater Gestaltungen fanden, um Privatvermögen zu begünstigtem Betriebsvermögen zu machen, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu umgehen. Dies ist auch deshalb möglich, weil die aktuelle Regelung gar nicht vorsieht, dass überhaupt Arbeitsplätze vorhanden sein müssen, die es zu erhalten gilt. Außerdem fällt die ganz überwiegende Zahl der Betriebe überhaupt nicht unter die "Arbeitsplatzklausel", da sie weniger als 20 Beschäftigte haben.

Es ist zu erwarten, dass schon im Jahressteuergesetz 2013 Korrekturen am geltenden ErbStG vorgenommen werden. Ob dies zu einer Verfassungsmäßigkeit der Regelungen ausreichen wird, bleibt abzuwarten. Die rechtliche Diskussion über die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ist dabei auch vor dem Hintergrund der damit zusammenhängenden politischen Auseinandersetzung und dem bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu sehen.