EuGH verbietet Online-Verkauf „gebrauchter“ E-Books

Ohne Erlaubnis des Urhebers dürfen E-Books nicht weiterverkauft werden

Veröffentlicht am: 02.01.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ohne Erlaubnis des Urhebers dürfen E-Books nicht weiterverkauft werden

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Thomas Repka

Der Europäische Gerichtshof hat zum Ende des Jahres 2019 eine wegweisende Entscheidung getroffen. Die Richter entschieden, dass „gebrauchte“ E-Books nicht ohne Erlaubnis des Urhebers im Internet verkauft werden dürfen (Urteil vom 19. Dezember 2019, Az.: C-263/18). Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung war ein Streit zwischen zwei niederländischen Verlegerverbänden und dem Unternehmen Tom Kabinet, das im Internet auf der eigenen Webseite dem eigens gegründeten „Leseklubs“ E-Books zur Verfügung stellte.

Öffentliche Wiedergabe oder Verbreitung?

Es war die Frage zu entscheiden, ob es sich um eine „öffentliche Wiedergabe“ oder um eine „Verbreitung“ im Sinne des Urheberrechts handelt. Was auf einen ersten Blick nach einem unwesentlichen Unterschied klingt, ist aus urheberrechtlicher Sicht entscheidend für den Ausgang dieses Rechtsstreits.

Die Verbände waren der Ansicht, dass es sich dabei um eine unbefugte öffentliche Wiedergabe der E-Books handele. Das beklagte Unternehmen Tom Kabinet machte hingegen geltend, dass auf diese Tätigkeiten das Verbreitungsrecht anwendbar sei. Dieses enthält eine sog. Erschöpfungsregel, wenn der betreffende Gegenstand vom Urheber oder mit dessen Zustimmung in der Europäischen Union einmal verkauft wurde. Damit würden die Verbände es nach dem erstmaligen Verkauf der E-Books nicht mehr in der eigenen Hand haben, den weiteren Verkauf oder die weitere Verbreitung zu erlauben oder zu verbieten.

EuGH spricht ein Machtwort

Der EuGH hatte die Urherberrechtsrichtlinie 2001/29/EG auszulegen und folgte im Ergebnis den Verlegerverbänden. Nach Ansicht der Richter am EuGH handele es sich bei der Zurverfügungstellung von E-Books auf einer Webseite um eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne des Urheberrechts. Beim Kauf eines E-Books erhält man als Nutzer zwar das Recht, dieses durch Herunterladen dauerhaft zu nutzen, nicht jedoch das Recht, die Inhalte auch öffentlich zur Verfügung zu stellen. Die Erschöpfungsregel sei in diesem Fall nicht anwendbar. Die Erschöpfungsregel ist nämlich auf körperliche Gegenstände, z.B. auf Bücher in klassischer Form, beschränkt.

Verständnis des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“

Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ ist nach Ansicht der Richter weit auszulegen. Er umfasse jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit und somit jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks.

Reichweite des Urteils

Die Entscheidung ist zu begrüßen und bringt Klarheit in eine juristisch schwierige Frage des Urheberrechts. Würde man die Erschöpfungsregel auf E-Books anwenden, könnten die Interessen der Urheber und Rechtsinhaber nicht im ausreichenden Maße gewährleistet werden. Vor allem im Fall von digitalen Inhalten stellt sich immer die Frage, wie Inhaber geistigen Eigentums eine angemessene Vergütung erhalten. Bei E-Books ist dieses Interesse weitaus stärker beeinträchtigt als im Fall von Büchern beim klassischen Urheberrechtsschutz von Texten, da sich die nicht körperlichen digitalen Kopien von E-Books durch den Gebrauch nicht verschlechtern und somit einfacher weiterverkauft werden können. Der Verkauf neuer E-Books würde damit unattraktiv und erheblich erschwert.

Recht vs. Digitalisierung?

Das Urteil zeigt auch, wie Themen der Digitalisierung auf unser bisheriges Recht wie im vorliegenden Fall auf das Urheberrecht treffen. Dabei wird vermehrt deutlich, dass herkömmliche gesetzliche Regelungen, vor allem im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes, auf technische Neuerungen und Entwicklungen nicht mehr passen. In vielen Bereichen sind solche Anpassungsprozesse notwendig, die zukünftig aber nicht den Gerichten überlassen werden sollten. Vielmehr muss hier der Gesetzgeber tätig werden, damit das Recht mit technischen Innovationen Schritt hält.