Finanzsanktionen: Ein Spagat zwischen Recht und Wirtschaft

Bundesbank gibt grobe Orientierung zu häufigen Fragen

Die Deutsche Bundesbank stellt einen umfassenden Antwortenkatalog zu häufigen Fragen zu Finanzsanktionen zur Verfügung (aktueller Stand: September 2023). Dieses Dokument dient als Orientierungshilfe für Marktteilnehmer, die sich in einem Meer aus komplexen rechtlichen Fragen zurechtfinden müssen. Es beleuchtet auch detailliert die Sanktionen gegen Russland und Belarus und deren vielfältige Auswirkungen auf den internationalen Finanzsektor.

Veröffentlicht am: 21.12.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt in Köln
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In Zeiten globaler Konflikte wird oft zu einem mächtigen Werkzeug gegriffen: Finanzsanktionen. Die seit Beginn des Ukraine-Kriegs ergriffenen Maßnahmen gegen Russland und Belarus machen das deutlich. Diese Sanktionen sind vielfältig und komplex und für die Marktteilnehmer und ihre rechtlichen Berater nicht leicht zu überblicken. Eine Publikation der Deutschen Bundesbank – „Häufig gestellte Fragen zum Thema Finanzsanktionen“ – gibt einen Überblick und beantwortet wichtige Fragen dazu. Sie soll als wichtige Hilfestellung hier vorgestellt werden und eine Orientierung zum Thema Finanzsanktionen gegeben werden.

Wie funktionieren Sanktionen?

Was bedeuten diese Sanktionen konkret? Sie zielen darauf ab, den Druck auf die sanktionierten Länder zu erhöhen, indem sie Zugang zu finanziellen Ressourcen und Dienstleistungen beschränken. Das beinhaltet Geschäftsverbote, die Regulierung von Finanzmitteln und Finanzhilfen sowie die Beeinflussung von Währungsreserven und Ratings. Ein besonders prägnantes Beispiel ist der jetzt erstmals gegen Russland angewendete SWIFT-Ausschluss, der eine Art "finanzielle Isolation" bewirken soll.

Die wichtigsten Sanktionsmittel

Nachfolgend werden einige wichtige Sanktionsarten aufgezählt

  1. Einfrieren von Vermögenswerten: Dies beinhaltet das Blockieren von Bankkonten und anderen Finanzressourcen von sanktionierten Personen oder Organisationen.
  2. Handelsbeschränkungen: Dies umfasst Export- und Importverbote für bestimmte Güter, Technologien oder Dienstleistungen.
  3. Reisebeschränkungen: Einreiseverbote oder Visarestriktionen gegenüber bestimmten Individuen.
  4. Waffenembargos: Verbot des Verkaufs oder Transfers von Waffen und militärischer Ausrüstung.
  5. Diplomatische Maßnahmen: Reduzierung oder Beendigung diplomatischer Beziehungen.

Insbesondere eingefrorene Bankkonten

Eine sehr einschneidende Finanzsanktion ist das Einfrieren von Bankkonten. Dies ist eine gezielte Maßnahme, die darauf abzielt, Personen oder Organisationen, die als Bedrohung für die internationale Sicherheit angesehen werden, finanziell zu isolieren. Beim Einfrieren von Konten wird den betroffenen Personen oder Entitäten der Zugriff auf ihr Vermögen und ihre finanziellen Ressourcen verwehrt. Diese Maßnahme soll nicht nur ein Druckmittel sein, sondern auch verhindern, dass die sanktionierten Personen oder Gruppen finanzielle Transaktionen durchführen können, die ihre Ziele unterstützen könnten. Erfahrungsgemäß werden Konten in der Praxis sehr schnell eingefroren, es ist aber oft ein schwerer Kampf, sie wieder geöffnet zu bekommen. In „dubio pro reo“ gilt dann nicht und die Banken tendieren aufgrund immer strengerer Compliance-Regeln dazu, die Konten eher früher als später einzufrieren. Dadurch entfalten die Sanktionen eine rechtlich nicht unproblematische, aber möglicherweise politisch gewollte Vorwirkung.

Indirekter Druck auf Drittländer

Finanzsanktionen haben oft erhebliche Konsequenzen, die über die sanktionierten Länder selbst hinausgehen und Drittländer wirtschaftlich und diplomatisch betreffen, welche keine Sanktionen erlassen haben. Ein bekannter Fall sind die Kuba-Sanktionen der USA, welche auch Bedeutung für EU-Unternehmen haben. Denn die US-Sanktionen gegen Kuba wirken sich indirekt auch auf EU-Unternehmen aus. Durch den Helms-Burton-Act können US-Bürger gegen Firmen, die in Kuba auf ehemals enteignetes Eigentum zugreifen, Klagen erheben, was auch europäische Unternehmen betrifft. Dieses Gesetz, aktiviert im Jahr 2019, hat zur Verunsicherung und zu rechtlichen Herausforderungen für europäische Firmen geführt. Die EU sieht in diesen Maßnahmen einen Angriff auf das Völkerrecht und die Souveränität anderer Staaten, wobei die Sanktionen ökonomische und rechtliche Implikationen für die EU haben.

Rolle der Bundesbank und des BAFA

Die Bundesbank überwacht Finanzsanktionen und die Einhaltung durch die Finanzmarktakteure. Hierbei geht es nicht nur um die Einhaltung rechtlicher Vorgaben, sondern auch um die Wahrung der Stabilität des Finanzsystems. Die Bundesbank kann bei Nachforschungen anstellen und ggf. Bußgelder bei Verstößen verhängen.

Außerhalb des Finanzsektors liegt die Überwachung von Sanktionen und der Einhaltung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das BAFA ist verantwortlich für die Ausfuhrkontrolle, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der nationalen und internationalen Sanktionen und Exportbeschränkungen. Es kontrolliert und genehmigt die Ausfuhr bestimmter Güter, insbesondere von Waffen und Dual-Use-Gütern, und setzt Embargos sowie weitere außenwirtschaftliche Beschränkungen durch. Diese Aufgaben sind Teil des Mandats des BAFA, um die Sicherheitsinteressen Deutschlands zu gewährleisten und internationale Verpflichtungen zu erfüllen.

Rechtsberatung und Russland-Sanktionen

Im Rahmen des achten Sanktionspakets der EU gegen Russland ist es deutschen Rechtsanwälten verboten, unmittelbar oder mittelbar Rechtsberatung für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu erbringen. Es gibt jedoch Ausnahmen: Die Vertretung vor Verwaltungsbehörden, Gerichten und in Schiedsverfahren sind weiterhin zulässig, sofern die Dienstleistung unbedingt erforderlich ist und im Einklang mit den Zielen der Sanktionsverordnungen steht. Russische Privatpersonen sind vom Beratungsverbot ausgenommen, ebenso wie wirtschaftlich tätige Einzelpersonen wie Architekten oder Ärzte. Verstöße gegen die Sanktionen können strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Praxisausblick

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ist das Thema Sanktionen noch stärker in den Vordergrund gerückt und verunsichert zunehmend die Marktteilnehmer innerhalb und außerhalb der Finanzmärkte. Auch die rechtliche Beratung von Unternehmen aus sanktionierten Ländern kann sanktioniert sein, wie das Beispiel Russland zeigt.

Von Sanktionen betroffene Unternehmen oder solche, die mit Geschäftspartnern aus sanktionierten Ländern zusammenarbeiten wollen, sollten sich angesichts der drastischen Folgen unbedingt vorab einen Überblick zu diesem Thema verschaffen. Im Zweifel sollten sie qualifiziert rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen, welche Sanktionen aktuell gelten und einzuhalten sind.

Nähere Informationen zum Aufsichtsrecht finden Sie auf unserer Infoseite: Aufsichtsrecht