Gerichtlicher Betreuer trotz Vorsorgevollmacht?

BGH zur Eignung eines Vorsorgebevollmächtigten bei Schenkungen

Veröffentlicht am: 11.09.2013
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Der Bundesgerichtshof hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem es um eine notarielle Vorsorgevollmacht ging, die eine ältere Dame ihrem Sohn erteilt hatte. Die Vollmacht ermächtigte den Sohn ausdrücklich auch zu Schenkungen und Übergabeverträgen. Als die Vollmachtgeberin aufgrund einer Demenzerkrankung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen konnte, übergrug der Sohn kraft der Vollmacht Geld aus dem Vermögen seiner Mutter an seine Kinder für deren Ausbildung. Als Begründung gab er an, dieses Vorgehen entspreche dem Willen der Vollmachtgeberin, die eine gesteigerte finanzielle Untersützung der Familie dafür leisten wollte, dass man sich um sie und ihr Anwesen kümmert. Ein weiterer Sohn der Vollmachtgeberin verlangte daraufhin die Einrichtung einer gerichtlichen Betreuung. In diesem Verfahren wurde der Bevollmächtigte aufgefordert, alle Kontoauszüge seiner Mutter vorzulegen, was der jedoch hinsichtlich der Sparkonten nicht tat. Das befasste Amtsgericht hielt den Bevollmächtigten daraufhin für ungeeignet und bestellte einen Berufsbetreuer. Der Bevollmächtigte legte durch einen Rechtsanwalt Beschwerde ein wobei der Rechtsanwalt versicherte, aufgrund seines Versäumnisses seien die Kontoauszüge der Sparkonten nicht an das Gericht weitergeleitet worden. Das angerufene Landgericht wies die Beschwerde zurück. Die Vorsorgevollmacht - so das Gericht - verhindert nur dann die Bestellung eines Betreuers, wenn der Bevollmächtigte auch geeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen. Dies sei insbesondere dann nicht der Fall, wenn zu befürchten sei, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründe. Vorliegend sah das Landgericht erhebliche Zweifel an der Redlichkeit und hielt den Bevollmächtigten für ungeeignet, sich um die vermögensrechtlichen Angelegenheit seiner Mutter zu kümmern. Das Verschulden seines Rechtsanwalts hinsichtlich der rechtzeitigen Vorlage der Kontoauszüge müsse sich der Bevollmächtigte zurechnen lassen.

Dies nahm der Bevollmächtigte nicht hin und rief den BGH an. Dieser stellte sich den Ausführungen des Landgerichts entgegen und wies darauf hin, dass die Vorsorgevollmacht ausdrücklich Schenkungen erlaubt habe. Über etwaige Beschränkungen im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten habe das Landgericht keine Feststellungen gemacht. Eine Unredlichkeit könne aber nicht bereits aufgrund des durch den Rechtsanwalt eingeräumten Kanzleiverschuldens bei der Übergabe der Kontoauszüge unterstellt werden.

Der BGH wies das Landgericht an, nunmehr zu prüfen, ob das bisherige Handeln des Sohnes dem Willen der Mutter widersprach oder eine konkrete Gefahr für deren Wohl - z.B. bei der Alterssicherung - begründete.

Hintergrund

Mit der Vorsorgevollmacht soll eigentlich die Anordnung einer gerichtlichen Betreuung und die mögliche Bestellung eines fremden Berufsbetreuers vermieden werden. Dennoch kann es vorkommen, dass trotz Vorsorgevollmacht eine Betreuung angeordnet wird. Für viele dieser Fälle ist es bereits ausreichend, wenn man in der Vorsorgevollmacht auch durch eine Betreuungsverfügung regelt, dass dann der Bevollmächtigte auch Betreuer sein soll. Ein Betreuer untersteht - anders als ein Bevollmächtigter - der Kontrolle durch das Betreuungsgericht. In Fällen, in denen der Bevollmächtigte für ungeeignet gehalten wird, ist dies jedoch problematisch. In Fällen wie dem durch den BGH zu entscheidenden, ist es hilfreich, wenn der Vollmachtgeber mit dem Bevollmächtigten zusätzlich zur Vollmacht (rechtliches "Können") auch das Innenverhältnis (rechtliches "Dürfen") konkret regelt. Hierdurch erspart man sich Spekulationen gerade bei unentgeltlichen Verfügungen des Bevollmächtigten.