Grunderwerbsteuer bei treuhänderischem Erwerb eines Grundstückes

Doppelte Steuer beim Strohmanngeschäft?

Die Gründe für die Eingehung eines Treuhandverhältnisses sind vielfältig und die Treuhand kommt in der Praxis noch immer recht häufig vor.

Veröffentlicht am: 02.08.2021
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht in Berlin
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Über ein Treuhandverhältnis ist es möglich, eine Person wirtschaftlich an einem Unternehmen oder an einem Grundstück zu beteiligen bzw. ihr wirtschaftlich das gesamte Eigentum zu übertragen, ohne dass diese Person nach außen als Eigentümerin auftritt. Diese wirtschaftlich beteiligte Person wird Treugeber genannt. Vermittelt wird dem Treugeber die Beteiligung durch den formellen Eigentümer, der Treuhänder hält das Eigentum zu treuen Händen.

Hintergrund: Konstruktion des Treuhandverhältnisses

Im Außenverhältnis tritt der Treuhänder als Eigentümer auf, während er im Innenverhältnis die Interessen des Treugebers wahrnimmt. Über solche „Strohmanngeschäfte“ können die wahren Eigentumsverhältnisse verdeckt werden. Konkurrenten und andere Dritte erhalten keine Kenntnis von den wahren Beteiligungsverhältnissen.

Bezüglich der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist die Treuhand vollkommen unproblematisch, da entsprechende Einkünfte dem Treugeber als echtem wirtschaftlichen Berechtigten zugerechnet werden. Der Treugeber wird unstrittig als sogenannter wirtschaftlicher Eigentümer einem echten Eigentümer gleichgestellt. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber diese leicht nachzuvollziehende Struktur im Bereich des Grunderwerbsteuerrechts nicht übernommen, sondern hat sich für einen Sonderweg entschieden. 

Welche Folgen diese fehlende sogenannte Transparenz des Grunderwerbsteuerrechts hat, zeigt ein aktuell vom BFH entschiedener Fall.  

Hintergrund der Entscheidung des Bundesfinanzhofes

Der Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 23.02.2021 – II R 22/19 lag der nachfolgende verkürzt dargestellte Sachverhalt zu Grunde:

Verkäuferin eines Grundstückes war eine GbR, an welcher im Wesentlichen ein Beteiligter (A) mit einer Beteiligung von 94 Prozent beteiligt gewesen ist. Diese GbR veräußerte wirtschaftlich betrachtet das Grundstück an eine andere GbR, an welcher der A ebenfalls mit 94 Prozent beteiligt gewesen ist. 

Ohne entsprechendes Treuhandverhältnis wäre diese Veräußerung grunderwerbsteuerbar, jedoch hinsichtlich des Anteils des A gemäß § 6 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) anteilig von der Steuer befreit. 

Tatsächlich kaufte jedoch der weitere Beteiligte B, der die weiteren 6 Prozent an der kaufenden GbR hielt, das Grundstück aufgrund eines mit der kaufenden GbR abgeschlossenen Treuhandvertrages persönlich. 

Das Grunderwerbsteuergesetz nimmt in solchen Fällen zwei grunderwerbsteuerbare Vorgänge an, welche beide voneinander unabhängig zu betrachten sind. 

Zunächst ist demnach der persönliche Erwerb des treuhänderisch agierenden Gesellschafters (hier B) zu besteuern. Da die Treugeberin (hier die kaufende GbR) eine eigenständige Verwertungsbefugnis erlangt, wird auch diese der Grunderwerbsteuer unterworfen. Erst im Falle einer späteren Rückübertragung des Grundstückes von dem Treuhänder (hier B) an die Treugeberin (hier die kaufende GbR) sieht das Gesetz eine Grunderwerbsteuerbefreiung vor. 
Strittig war zwischen der Finanzbehörde und den beteiligten Steuerpflichtigen die Reichweite von in Betracht kommenden Ausnahmevorschriften vor dem Hintergrund der vorliegenden Personenidentität. 

Entscheidung des BFH: Doppelte Grunderwerbsteuer

Der BFH hat entschieden, dass die Festsetzung der doppelten Grunderwerbsteuer rechtmäßig gewesen ist und die Steuerbegünstigungen wegen Personenidentität nicht einschlägig sind. 
Die GbR habe auf Grund des Treuhandvertrages eine Verwertungsbefugnis erlangt, was einen steuerbaren und steuerpflichtigen Vorgang darstelle.

Erwirbt ein Treuhänder im Auftrag des Treugebers von einem Dritten ein Grundstück, wird durch die Treuhandabrede eine Verwertungsbefugnis des Treugebers begründet. Durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. von § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der sich auf den Erwerb eines Grundstücks durch den Verpflichteten im eigenen Namen richtet, erlangt der Geschäftsherr die Rechtsmacht, von dem Beauftragten die Auflassung des Grundstücks (§ 925 BGB) zu verlangen (§ 667 BGB i.V.m. § 675 BGB) oder es bei entsprechender Ausgestaltung des Vertrags durch andere Maßnahmen der Substanz nach auf eigene Rechnung zu verwerten.

Erwerbstreuhand als Treuhandvereinbarung

Diese Rechtsmacht begründet eine Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG. Für den unentgeltlichen Auftragserwerb gilt dasselbe. Eine Treuhandvereinbarung in Gestalt der sog. Erwerbstreuhand ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag in diesem Sinne.

Ferner kommen auch die Begünstigungsvorschriften wegen der wirtschaftlichen Personenidentität nicht in Betracht, den auf das Verhältnis zwischen der Verkäuferin (alte GbR) und der wirtschaftlichen Käuferin (neue GbR) sei unbeachtlich. Hinsichtlich der Verwertungsbefugnis liegt ein Erwerb von dem Treuhänder und kein Erwerb vom ursprünglichen Veräußerer vor. Es ist der Treuhandvertrag, der diese Befugnis begründet, nicht der Vertrag, mittels dessen der Treuhänder das Grundstück erwirbt.

Letztendlich hat der BFH auch eine Zusammenschau von Befreiungsvorschriften abgelehnt. Grundsätzlich ist anerkannt, dass wenn die Leistungsbeziehung in der Grunderwerbsteuer für sich genommen keinen Befreiungstatbestand erfüllt, so kann gleichwohl die Zusammenschau mehrerer Befreiungsvorschriften oder die mehrfache Anwendung derselben Befreiungsvorschrift eine Steuerbefreiung im Wege der Zusammenschau eröffnen, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt. Die Voraussetzungen einer solchen Zusammenschau lägen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. 

Fazit: Vorsicht bei Treuhand in der Grunderwebsteuer

Der Fall zeigt die Schwierigkeiten der Treuhand im Bereich der Grunderwerbsteuer auf. 
Steuerlich wäre eine andere Gestaltung günstiger gewesen, wenn das Grundstück zunächst von der veräußernden GbR auf die wirtschaftlich betrachtet kaufende GbR (steuerfrei hinsichtlich des Anteils des A zu 94 % nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 GrEStG) und sodann unter Rückbehalt der Verwertungsbefugnis von der kaufenden GbR auf B als Treuhänder (steuerfrei hinsichtlich des Anteils des B zu 6 % nach § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG) übertragen worden wäre.

Fraglich ist, ob sich dies in der Praxis umsetzen lässt, da dann das Treuhandverhältnis für Dritte unter Umständen sichtbar wäre. An dieser Stelle wäre es insoweit dem BFH möglich gewesen, unter dem Gesichtspunkt der Zusammenschau von Befreiungsvorschriften zu einer anderen Entscheidung zu gelangen, zumal insoweit keine frühere gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung im Wege gestanden wäre. 

Im Übrigen hatte die gleiche Kammer des BFH in einer anderen Entscheidung vom gleichen Tage kein Problem damit, im Bereich der Grundsteuer ein Grundstück dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzuordnen. 

Letztendlich könnte lediglich der Gesetzgeber eine als notwendig erachtete Angleichung durch Herstellung einer Transparenz bewerkstelligen. Insoweit sind jedoch derzeit keine Bemühungen ersichtlich.