Hohe Anforderungen an Vaterschaftsanfechtung

Hautfarbe des Kindes genügt nicht immer

Die Vaterschaftsanfechtung ist oft eine sensible Angelegenheit für alle Beteiligten. Insbesondere dann, wenn die Zweifel des Vaters auf Gerüchten oder Mutmaßungen beruhen, die regelmäßig für das Gericht nicht ausreichen. Das OLG Celle macht in einer aktuellen Entscheidung deutlich, dass auch die fehlende Ähnlichkeit zwischen Vater und Kind nicht immer genügt.

Veröffentlicht am: 05.06.2025
Qualifikation: Fachanwältin für Familienrecht
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Kommen dem rechtlichen Vater Zweifel an der biologischen Vaterschaft kann er diese gerichtlich anfechten. Für eine solche Anfechtung sieht das Gesetz allerdings einiges an Voraussetzungen vor. So muss sie innerhalb einer Frist von zwei Jahren erklärt werden und setzt einen Anfangsverdacht voraus, der Zweifel an der Vaterschaft begründet. Die Anforderungen an letzterem sind dabei hoch. Ein Beschluss des Oberlandesgericht Celle stellt nun klar, dass sogar verschiedene Hautfarben zwischen Vater und Kind allein, nicht ausreichen (OLG Celle, Beschluss vom 16.12.2024 – 21 WF 178/23).

Zweifel kamen mit der Trennung

Der vermeintliche Vater und seine Ehefrau sind seit 2009 miteinander verheiratet. Während der Ehe brachte die Ehefrau im März 2012 und um August 2016 jeweils ein Kind zur Welt. Seit März 2023 leben die Eheleute getrennt. Kurz nach der Trennung äußerten Freunde des Vaters Zweifel an seiner Vaterschaft bezüglich der beiden Kinder. Schließlich seien beide Kinder – wie ihre Mutter – schwarz. Der Vater allerdings habe eine helle Hautfarbe, wodurch die Kinder zumindest etwas heller als ihre Mutter sein müssten. Diese Überlegung überzeugte den rechtlichen Vater. 

Er beantragte die Anfechtung der Vaterschaft unter der Bedingung, dass ihm Verfahrenskostenhilfe gewährt wird. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab. Die Vaterschaftsanfechtung könne nur innerhalb von zwei Jahren nach Begründung des Anfangsverdacht erklärt werden. Der rechtliche Vater habe aber bereits seit Geburt der Kinder Kenntnis über deren Hautfarbe gehabt.

Daraufhin ließ der vermeintliche Vater ein Abstammungsgutachten erstellen. Dieses ergab, dass er tatsächlich nicht der biologische Vater der Kinder ist. Mit dem Ergebnis legte er Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vor dem OLG Celle ein.

Fristbeginn ist falsch berechnet

Zwar hatte der Vater beim OLG Celle Erfolg, jedoch nicht mit seinem ursprünglichem Anfangsverdacht.

Die Richter führten aus, dass die Hautfarbe eines Kindes nur in seltenen Ausnahmefällen einen Anfangsverdacht für die Vaterschaftsanfechtung begründen kann. Die Hautfarbe wird bei Menschen polygen vererbt. Dabei wirken sich die beteiligten Gene unterschiedlich auf den Phänotyp aus, sodass sich die Effekte der verschiedenen Gene summieren. Die genaue genetische Funktionsweise ist bislang nicht abschließend geklärt. In der Konsequenz lässt sich bei Eltern mit unterschiedlichen Hautfarben nicht vorhersagen, welche Hautfarbe das Kind haben wird bzw. ob diese zwischen den Hauttönen der Eltern liegt. Insoweit ist es denkbar, dass die Hautfarbe des Kindes vollständig nur der eines Elternteils entspricht. Vor diesem Hintergrund überzeugt der Umstand, dass die Kinder des rechtlichen Vaters nur die Hautfarbe der Mutter haben, nicht als Anfangsverdacht. Daher kann aber auch nicht die Geburt der Kinder der Beginn der Anfechtungsfrist sein.

Eher ergibt sich der Anfangsverdacht aus dem kürzlich durchgeführten Abstammungsgutachten. Mit dem Erhalt des Gutachtenergebnisses beginnt die zweijährige Anfechtungsfrist. Dem rechtlichen Vater ist daher die Verfahrenskostenhilfe zu gewähren.

Kein Grundsatz

Der Entscheidung des OLG ist in keinem Fall zu entnehmen, dass die Hautfarbe des Kindes nie einen Anfangsverdacht begründen kann. Vielmehr stützt sich das Gericht in dieser Entscheidung auf die seit Langem geltenden Maßstäbe für das Vorliegen eines Verdachts.

Danach erfordert ein Anfangsverdacht einen Umstand, der bei objektiver Betrachtung Zweifel an der Vaterschaft begründen kann. Es muss sich dabei um ein Merkmal handeln, welches aus laienhafter Sicht (ohne naturwissenschaftliche Kenntnisse), vernünftige Zweifel aufkommen lässt. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn das Kind hinsichtlich seiner Hautfarbe oder in anderer Weise evident vom äußeren Erscheinungsbild beider Eltern abweicht.