Italienisches Erbrecht? - Erbvertrag zweier Italiener in Deutschland

OLG Hamm zur konkludenten Rechtswahl im internationalen Privatrecht

Veröffentlicht am: 07.01.2015
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Bei deutsch-italienischen Erbfällen stellt sich zunächst die Frage, ob italienisches Erbrecht oder deutsches Erbrecht anwendbar ist. Hiermit musste sich im Juli 2014 das OLG Hamm befassen. Verstorben war eine Italienierin, die gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Mann vor deutschen Notaren drei gemeinschaftliche Testamente sowie einen Erbvertrag geschlossen hatte. Gerelt hatten die beiden u.a. die Erbeinsetzung, die Ersatzerbfolge, Vermächtnisse, Testamentsvollstreckung sowie eine Rechtswahl. Die Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts hatten sie jedoch nur in den gemeinschaftlichen Testamenten, nicht jedoch im abschließenden Erbvertrag, mit dem sie frühere Verfügungen "vorsorglich" aufhoben, geschlossen.

Aus diesem Grund kam es beim Erbfall zum Streit. Einer der Söhne beantragte einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach italienischem Recht; ein anderer Sohn, der auch Testamentsvollstrecker war, stützte sich auf den Erbvertrag nach deutschem Recht. Das OLG musste daher in die Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts einsteigen und sich u.a. mit der Frage befassen, ob das italieniesche Recht eine konkludente Rechtswahl zulässt oder eine ausdrückliche Erklärung erfordert. Grundsätzlich ist nämlich nach aktueller Regelung italienisches Recht (bzw. italienisches Erbrecht) anwendbar, da Anknüpfungspunkt die italienische Staaatsangehörigkeit der Erblasserin ist.

Das deutsche Kollisionsrecht - so das OLG Hamm - kenne nach herrschender Ansicht jedenfalls eine konkludente Rechtswahl. Der vorliegende Erbvertrag der beiden Italiener würde eine solche Rechtsahl zugunsten deutschen Erbrechts beinhalten. Hierfür würden alle Umstände sprechen, insbesondere der Umstand, dass die Italiener bereits deshalb nicht italienisches Erbrecht wünschten, weil der Erbvertrag dann unwirksam sei. Das italienische Erbrecht lässt nämlich keine mehrseitigen letztwilligen Verfügungen wie Ehegattentestamente oder Erbverträge zu.

Hintergrund

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung grenzüberschreitender Erbfälle hat die EU eine europäische Erbrechtsverordnung auf den Weg gebracht. Diese ist bereits in Kraft und greift für alle Erbfälle ab Mitte August 2015. Sie beinhaltet für Deutschland und Italien erhebliche Veränderungen. Bisher haben beide Länder bei der Frage des anwendbaren Rechts an die Staatsangehörigkeit angeknüpft. Künftig wirden alle Erbfälle nach der EU-Erbrechtsverordnung diese Frage nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers entscheiden. In Italien lebende Deutsche werden dann nach italinischem Erbrecht beerbt.