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Die einverständliche Scheidung in Deutschland und in der Schweiz

Veröffentlicht am: 14.12.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Die einverständliche Scheidung in Deutschland und in der Schweiz

Wenngleich die Ehe rechtlich auf Lebenszeit angelegt ist, entspricht dies leider oft nicht der Lebenswirklichkeit. Ehen gehen zu Bruch. Dabei wünscht nur in den wenigsten Fällen ein Ehegatte allein die Scheidung. In der Regel wollen beide Beteiligten geschieden werden. Selbst wenn über Einzelheiten wie Unterhaltszahlungen Streit besteht, sind sich häufig beide darüber einig, dass die Ehe geschieden werden soll. Man spricht deshalb von einverständlicher Scheidung. Doch kann dem Willen der Ehegatten rechtlich Rechnung getragen werden?

Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich das Kammergericht in Berlin (KG, Beschluss v. 2.11.2015 – 3 UF 120/14, FamRZ 2016, 1588). Zwei deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz trennten sich und der Ehemann initiierte in Deutschland ein Scheidungsverfahren. Wenige Monate später nach Beginn des deutschen Verfahrens stellte die Ehefrau ihrerseits einen Scheidungsantrag vor Schweizer Gerichten. Weil die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatten, richtete sich die Scheidung nach schweizerischem Recht.

Wer einen Scheidungsantrag stellt, will sich scheiden lassen – gleich, ob im Ausland oder in Deutschland

Nach Schweizer Scheidungsrecht wird eine Ehe geschieden, wenn die Ehegatten zwei Jahre getrennt gelebt haben. Die Mindesttrennungsdauer muss dagegen nicht abgewartet werden, wenn beide Eheleute geschieden werden wollen. Im vom KG zu entscheidenden Fall waren die Ehegatten noch keine zwei Jahre getrennt. Ihre Ehe konnte daher nur geschieden werden, wenn feststand, dass beide Beteiligten die Scheidung wünschten. Die Ehefrau verweigerte ihre Zustimmung zur Scheidung im deutschen Scheidungsverfahren. Doch das KG entschied: Dass nicht nur der Ehemann, sondern auch die Ehefrau geschieden werden wollte, könne man daraus ableiten, dass sie selbst einen Scheidungsantrag in der Schweiz gestellt hatte. Damit habe sie ihren Scheidungswillen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Es komme nicht darauf an, dass der Scheidungswille innerhalb des deutschen Verfahrens geäußert wird, so das KG.

Vorteile der einverständlichen Scheidung

Das Schweizer Recht ermöglicht es Ehegatten, schneller die Scheidung zu erreichen, wenn beide die Scheidung wünschen. Auch das deutsche Recht kennt die einverständliche Scheidung. Zwar kann nach deutschem Recht das zur Scheidung erforderliche Trennungsjahr nicht überwunden werden. Dies ist bedauerlich, weil dem Scheidungswillen der Ehegatten nicht angemessen Rechnung getragen wird. Nichtsdestotrotz geht die einverständliche Scheidung mit deutlichen Vorteilen für die Beteiligten einher. Leben die Beteiligten seit einem Jahr getrennt und erklären sie, dass sie geschieden werden wollen, darf das Gericht den Scheidungswillen weder anzweifeln noch etwaige Ermittlungen dazu anstellen. Der Prüfungsumfang des Gerichts beschränkt sich auf den Ablauf des Trennungsjahres. Ein tiefergehender Eingriff in die Privatsphäre der Ehegatten verbietet sich.

In Fällen der einvernehmlichen Scheidung sind manche Gerichte bereit den Streitwert um 25% niedriger ansetzen. Das bedeutet, dass die Gerichts- und Anwaltskosten niedriger sein können als bei einer streitigen Scheidung. Die Ehegatten können nicht nur die Scheidung an sich, sondern auch die Scheidungsfolgen wie Unterhalt und Zugewinn einvernehmlich und außergerichtlich zu regeln.

Auch wenn im Trennungszeitpunkt häufig negative Gefühle überwiegen und eine einvernehmliche Regelung schwierig erscheint, kann eine Einigung über die Scheidungsfolgen manchmal die interessengerechtere Lösung für alle Beteiligten bedeuten. Es gehört zur Aufgabe des Anwalts zu eruieren, ob die einverständliche Scheidung und die Einigung über die Scheidungsfolgen für die Mandantschaft interessengerecht ist.

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