Pflanzenkäse gibt es nicht

EuGH verbietet Veggi-Produkten Werbung mit tierischer Bezeichnung

Veröffentlicht am: 15.06.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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EuGH verbietet Veggi-Produkten Werbung mit tierischer Bezeichnung

Ein Gastbeitrag von Desiree Szitnick

Rein pflanzliche Lebensmittel dürften sich nicht mit Werbebezeichnungen schmücken, die mit tierischen Produkten assoziiert werden. Bezeichnungen wie „Milch“, „Rahm“, „Käse“ oder „Butter“ bleiben damit allein tierischen Produkten vorbehalten, urteilten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH)

Verband Sozialer Wettbewerb strengt Klage an

Zu der klarstellenden Entscheidung aus Luxemburg kam es aufgrund der Klage des deutschen Verbandes Sozialer Wettbewerb. Dieser sah in den Werbebezeichnungen eines deutschen Lebensmittelunternehmens, welches sich auf vegetarische und vegane Lebensmittel spezialisiert hatte, einen Verstoß gegen die Unionsvorschriften über die Bezeichnung von Milch und Milcherzeugnissen.

„TofuTown“ hatte seine rein pflanzlichen Lebensmittel beispielsweise mit Bezeichnungen wie „Pflanzenkäse“ oder „Soyatoo Tofubutter“ vermarktet. Der Verband, dessen Ziel vor allem die Bekämpfung und Verhinderung unlauteren Wettbewerbs ist, klagte gegen den Lebensmittelkonzern vor dem Landgericht Trier auf Unterlassung der Werbung. Diese widerspreche den europäischen Vorschriften und führe zu einer Täuschung der Verbraucher.

TofuTown plädiert für bewusstes und aufgeklärtes Verbraucherverständnis

TofuTown dagegen argumentierte insbesondere mit dem veränderten Verbraucherverständnis der vergangenen Jahre. Zu einer Verwechslungsgefahr für den Verbraucher, der nicht mehr zwischen vegetarischen/veganen und tierischen Produkten unterschieden könne, komme es daher nach Ansicht des Lebensmittelkonzerns schon gar nicht. Mittlerweile seien pflanzliche Ersatzlebensmittel keine Seltenheit mehr.

Auch oder gerade wegen der Verbindung der verwendeten Begriffen mit Hinweisen, die den pflanzlichen Ursprung des Produkts verdeutlichen, werde der Verbraucher nicht getäuscht.

EuGH hat Verbraucherschutz im Blick

Diese Argumentation von TofuTown überzeugte die Richter nicht. Sie stellten klar, dass die Vermarktung und Werbung mit der Bezeichnung „Milch“ oder daraus erzeugten Produkten wie „Rahm“, „Käse“ oder „Butter“ allein tierischen Produkten vorbehalten bleiben solle. Nach Ansicht der Richter könnten solche Bezeichnungen, die der Verbraucher unweigerlich mit einem tierischen Ursprung assoziiert, nicht für rein pflanzliche Lebensmittel benutzt werden. Wieder einmal hat der EuGH damit insbesondere den Verbraucherschutz im Blick und möchte eine Verwechslungsgefahr für den Verbraucher verhindern.

An der Gefahr der Täuschung für den Verbraucher ändere es auch nichts, wenn mit den Bezeichnungen Hinweise einhergingen, die auf den pflanzlichen Ursprung des Produktes hinwiesen. So verstoße auch die Bezeichnung als „Butter“ mit dem Zusatz „pflanzlich“ gegen das europäische Werberecht. Letztlich sei eine Verwechslungsgefahr im Vorstellungsbild der Verbraucher nicht auszuschließen.

Andere Spielregeln bei Fleisch und Fisch

Die Vertreter von TofuTown hingegen beriefen sich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung. Demnach müssten sich Erzeuger von Alternativ-Produkten für Fleisch und Fisch keiner vergleichbaren Beschränkung aussetzen, Erzeuger von Milchalternativen dagegen schon.

Eine solche Ungleichbehandlung konnten die Richter nicht bejahen – Es handele sich um ungleiche Erzeugnisse, die daher verschiedenen Vorschriften unterliegen würden. Unterschiede im Werberecht seien mithin zu rechtfertigen, um einen wirksamen Verbraucherschutz zu gewährleisten. Das Urteil lässt die Milch-Lobby feiern und auch in anderen Lebensmittelbereichen schlägt es hohe Wellen. Kaum nach Bekanntgabe der Entscheidung meldete sich der Deutsche Bauernverband zu Wort und fordert nun auch schärfere Regelungen für Veggi-Schnitzel und Co.

Wie weit soll der Verbraucherschutz des EuGH gehen?

Die Entscheidung des EuGHs wirft in der Folge für den verständigen Leser einige Fragen auf. Kann es wirklich passieren, dass jemand, der im Supermarkt einen „Veggi-Cheese“ kauft, sich beim Abendbrot auf seinen Kuhmilch-Gouda freut? Man sollte doch meinen, dass bei dem ganzen Superfood-, Veggi-, Vegan-, Gesundheitswahn(sinn) mittlerweile jeder mitbekommen hat, dass sich neben dem „normalen“ Käse auch noch eine pflanzliche Alternative im Kühlregal befindet.

Dass sich der EuGH den Verbraucherschutz groß auf seine Fahnen geschrieben hat, erscheint angesichts vermehrter Lebensmittelskandale richtig und sinnvoll. Warum es dann aber häufig mehr um das geht, was draufsteht und weniger um das, was drinnen steckt, scheint weniger einleuchtend. Am Ende ist und bleibt aber doch entscheidend – es muss schmecken was auf der Brotscheibe landet.