Schenkung trotz Verbot im Testament?

OLG Hamm zur Bindung des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments

Veröffentlicht am: 12.02.2014
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Errichten Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament, treffen sie regelmäßig letztwillige Verfügungen für den Nachlass nach dem Tod des Letztversterbenden.

Das OLG Hamm hatte nun in einer Entscheidung vom 9. Januar 2014 (Az.: 10 U 10/13) über einen Fall zu entscheiden, in dem der überlebende Ehegatte eine Immobilie entgegen der gemeinsamen Verfügung im Testament verschenkte.

Die Eheleute waren Eigentümer eines Doppelhausgrundstücks und hatten zwei gemeinsame Töchter. Zu Lebzeiten übertrugen sie der älteren Tochter eine Haushälfte. Die andere - von ihnen selbst bewohnte Haushälfte - sollte, nachdem beide Eltern verstorben waren, der jüngeren Tochter zufallen. Dies regelten sie in einem Ehegattentestament. Für den ersten Erbfall setzten sich beide gegenseitig als Alleinerben ein. Als der Vater verstarb, verschenkte die Mutter (Alleinerbe) die Doppelhaushälfte an ein Enkelkind. Mit der Tochter, die die Immobilie laut Testament erhalten sollte, war es zum Bruch gekommen.

Unter Berufung auf das Testament der Eltern klagte die Tochter. Von ihrem Neffen verlangte sie die Herausgabe (Übertragung) der Immobilie. Die Mutter habe mit der Übertragung absichtlich ihr Recht auf die Haushälfte beeinträchtigt. Als sie mit der Klage vor dem Landgericht scheiterte, rief sie das Oberlandesgericht an.

Das OLG Hamm bestätigte das Urteil aus der ersten Instanz. Zwar gebe es die rechtliche Konstellation, dass der Beschenkte ein Geschenk an den durch ein gemeinschaftliches Testament bedachten Schlusserben oder Vermächtnisnehmer herausgeben müsse, wenn der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen hatte, den späteren Erben oder Vermächtnisnehmer in seinem Recht zu beeinträchtigen. Diese Konstellation sei aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Klägerin, so das Gericht in Auslegung des Testaments, sei nicht "Vertragserbin", sondern nur Vermächtnisnehmerin geworden. Als solche habe sie keinen Herausgabeanspruch gegen ihren beschenkten Neffen, wenn sie nicht zunächst die Erben ihrer Mutter vergeblich auf einen Ausgleich in Anspruch genommen habe. Die Klägerin hatte selbst vorgetragen, sie sei gemeinsam mit ihrer Schwester Erbin nach der Mutter. Ihre Schwester hatte sie aber nicht in Anspruch genommen. Aus diesem Grund, so das Gericht, komme es nicht mehr darauf an, ob die Mutter bei der Übertragung der Immobilie auf den Enkel an das Vermächtnis gebunden war.

Hintergrund

Der Fall zeigt die Komplexität des Erbrechts. Gerade hinsichtlich der Bindungswirkung gemeinschaftlicher Ehegattentestamente kommt es in der Praxis immer wieder zu Problemen und Erbstreitigkeiten. Dabei haben die allermeisten Eheleute in Deutschland als letztwillige Verfügung ein solches Ehegattentestament in der Form des Berliner Testaments. Wer bei einem solchen Testament wie auch für den zweiten Erbfall gebunden ist und welche Konsequenzen bei entgegenstehenden Verfügungen drohen, ist für den Laien nicht überschaubar. Auch vermeintlich schlichte gemeinschaftliche Testamente sollten daher unbedingt mit Hilfe eines Fachanwalts für Erbrecht oder eines versierten Notars errichtet werden. Dieser muss über die Bindungswirkung detailliert aufklären und sie im Testament explizit regeln. Nur so lässt sich wirksam ein späterer Erbstreit aufgrund unterschiedlicher Auslegungen vermeiden.