Zwangsvollstreckung der Erbengemeinschaft
Problem Rechtsfähigkeit
Wer einen Anspruch nicht nur erfolgreich einklagen will, sondern das Urteil auch vollstrecken will, sollte schon im Klageantrag die Weichen stellen. Das gilt auch und gerade, wenn Gläubiger eine Erbengemeinschaft ist.
Es kommt vor, dass eine Erbengemeinschaft verklagt wird. Genauso ist es möglich, dass eine Erbengemeinschaft selbst einen Anspruch einklagen will. Dass die Miterben dann aber genau aufpassen müssen, dass sie bei einem Sieg vor Gericht auch einen vollstreckbaren Titel bekommen, zeigt eine aktuelle Entscheidung aus Lübeck (LG Lübeck, Beschluss vom 13. August 2025 - 7 T 329/25).
Urteilstenor muss bestimmt sein
In dem Fall hatte jemand vor dem Landgericht Hamburg erfolgreich einen Anspruch geltend gemacht. Der unterlegene Gegner gab sich jedoch nicht endgültig geschlagen und ging in Berufung beim Oberlandesgericht. Der Kläger verstarb dann allerdings, sodass seine beiden Erben den Rechtsstreit weiterführten. Die Erben gewannen den Prozess.
Das OLG verurteilte den Beklagten, “an die ungeteilge Erbengemeinschaft nach dem am … verstorbenen Kläger” zu zahlen. In den Urteilsgründen bezeichnete das Gericht zwar die in den Rechtsstreit eingetragenen Kläger als Erben des ursprünglichen Rechteinhabers, nicht aber im Titel. Das wurde den Erben zum Verhängnis als sie einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragten. Der PfÜB wurde letztlich vom Landgericht Lübeck nicht angeordnet, weil der Titel zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar sei.
Die Grenzen der gesamthänderischen Personenmehrheit
Knackpunkt, so die Lübecker Richter, sei die fehlende Rechtsfähigkeit der ungeteilten Erbengemeinschaft. Zwar könne einer gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit Vermögen zugeordnet werden, selbst geltend machen könne sie das aber nicht, da sie nicht selbst Rechteinhaberin sei. Die beiden Erben hätten im Urteilstenor namentlich als Gesamtgläubiger genannt werden müssen.
Zum Klageantrag bei der nicht rechtsfähigen Erbengemeinschaft bzw. zur Prozessstandschaft einzelner Miterben hat auch der BGH in der Vergangenheit schon Stellung bezogen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. April 2006 - IV ZR 139/05
“Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus § 2039 Satz 1 BGB, der ihn berechtigt, in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft - und nicht etwa in Vertretung der übrigen Miterben - zum Nachlass gehörende Ansprüche ohne deren Mitwirkung auch klageweise geltend zu machen.”
§ 1922 BGB regelt, dass mit dem Erbfall das Vermögen einer Person als ganzes auf eine oder mehrere Erben übergeht. § 2023 BGB bestimmt, dass bei mehreren Erben der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben wird. Wichtig ist für den vorliegenden Fall aber vor allem § 20239 BGB, der die Geltendmachung von Nachlassforderungen durch eine Erbengemeinschaft regelt:
“Gehört ein Anspruch zum Nachlass, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Jeder Miterbe kann verlangen, dass der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.”
Video: Erbengemeinschaft erklärt in 1 Minute
Rechtsanwalt Bernfried Rose gibt in diesem Video einen Kurzüberblick über die Gemeinschaft mehrerer Miterben.