Unzureichende Auskünfte in der Hauptversammlung

Anfechtung von Beschlüssen durch die Aktionäre

Veröffentlicht am: 30.12.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Anfechtung von Beschlüssen durch die Aktionäre

Ein Beitrag von Dr. Jens Nyenhuis, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Das Auskunftsrecht von Aktionären beschränkt sich auf die Hauptversammlung und muss einen Bezug zur Tagesordnung haben. Vor diesem Hintergrund werden in Hauptversammlung regelmäßig Fragenkataloge von Aktionären vorbereitet, die der Aktiengesellschaft häufig auch vor der Versammlung zugeleitet werden.

Dass diese Fragen nicht oberflächlich, sondern gewissenhaft beantwortet werden sollten, zeigt eine neue Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a. M. (LG Frankfurt) in dem Beschluss vom 24.10.2019 – Aktenzeichen: 3-05 O 54/19. Das Gericht hat der Anfechtungsklage eines Aktionärs in Bezug auf einen Entlastungsbeschluss stattgegeben, weil Fragen zu einem Beratungsvertrag mit einem Konzernunternehmen eines Großaktionärs nur unzureichend beantwortet wurden.

Auskunftsrechte von Aktionären                   

Im Unterschied etwa zu einem GmbH-Gesellschafter verfügt der Aktionär einer Aktiengesellschaft nur über eingeschränkte Auskunftsrechte. Insbesondere sind Aktionäre nicht berechtigt, jederzeit zu sämtlichen Angelegenheiten der Aktiengesellschaft Fragen zu stellen und Einsicht zu nehmen.

Der Aktionär hat nur einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften in der Hauptversammlung. Die Ausübung des Auskunftsrechtes setzt als zunächst ein Erscheinen in der Hauptversammlung voraus. Außerhalb der Hauptversammlung können natürlich auch Fragen gestellt werden, allerdings steht deren Beantwortung im Ermessen der Aktiengesellschaft.

Weiter muss von der Aktiengesellschaft, vertreten durch den Vorstand, nur Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft gegeben werden, soweit diese zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sind. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen der betreffenden Aktiengesellschaft.

Umfassende Beantwortung nach dem LG Frankfurt erforderlich

In dem von dem LG Frankfurt entschiedenen Fall wurden die von der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zur Entlastung von Vorständen und Aufsichtsräten angefochten. Begründet wurde die Anfechtungsklage unter anderem mit der unzureichenden Beantwortung von in der Hauptversammlung gestellten Fragen zu einem Beratungsvertrag, den die Aktiengesellschaft mit einem Beratungsunternehmen geschlossen hatte, welches mit einem Großaktionär verbunden war.

Der Kläger hatte zu diesem Beratungsvertrag diverse, zum Teil sehr detaillierte Fragen zu den genauen Inhalten und hier besonders zu den beauftragten Leistungen, zur Vergütung, zur Wahrung der Vertraulichkeit einschließlich etwaiger Vertragsstrafen und der Einhaltung von Insiderregelungen gestellt. Die beklagte Aktiengesellschaft beantwortete die Fragen in der Hauptversammlung mit eher allgemeinen Aussagen und ohne konkrete Nennung der Leistungen, der Vergütung und der Vertragsstrafen.

Das LG Frankfurt sah diese Antworten als unzureichend an für die Beurteilung der Entlastung der betreffenden Organmitglieder. Insbesondere die allgemeinen Angaben zur Vergütung eines „einstelligen Euro-Millionenbetrages“ und zu den Leistungsbereichen „Treasury, Investmentbank und Kostenmanagement“ sind nach Auffassung des Gerichts ungeeignet, um beurteilen zu können, ob die Vergütung einem Drittvergleich standhält oder einem Aktionär mittelbar ungerechtfertigte Vorteile zugewandt wurden.

Wichtige Folgen für die Hauptversammlungspraxis

Die Verlesung umfassender Fragenkatalogen zu diversen Unternehmensbereichen einer Aktiengesellschaft in der Hauptversammlung gehört zu den Klassikern der Hauptversammlungspraxis. Diese Fragen betreffen häufig die Bereiche Jahresabschluss und Entlastung von Organmitgliedern und sind regelmäßig für die sachgemäße Beurteilung der Tagesordnung relevant und daher zulässig.

Die Entscheidung des LG Frankfurt verdeutlicht, dass derartige Fragenkataloge nicht leichthin und oberflächlich beantwortet werden dürfen, will man das Risiko erfolgreicher Anfechtungsklagen vermeiden. Es sind sachgerechte und auch detaillierte Antworten zu geben. Dies betrifft auch konkrete Inhalte von einzelnen Vertragsverhältnissen der Aktiengesellschaft, besonders wenn diese mit verbundenen Unternehmen von Aktionären geschlossen wurden.

In der Praxis müssen Hauptversammlungen damit noch sorgfältiger und eingehender vorbereitet werden. Doch auch damit werden nicht alle Risiken erfasst werden können, weil die Fragen auch ohne (durchaus übliche) Vorabübersendung spontan während der Hauptversammlung gestellt werden können.