Managerhaftung – Regress für Bußgeld?

Zusammenspiel von OWiG, GmbHG und Aktienrecht

Das OWiG erlaubt die Verhängung von sehr hohen Bußgeldern. Für diese können auch Vorstand und Geschäftsführer haften. Die Voraussetzungen sind nicht immer so klar, wie sie scheinen.

Veröffentlicht am: 19.11.2025
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Wenn über die persönliche Haftung von Vorständen und Geschäftsführern gesprochen wird, geht der Blick oft nur auf Schadensersatzansprüche oder Pflichtverletzungen im Verhältnis Manager / Unternehmen.

Ein zweiter, häufig unterschätzter Bereich betrifft jedoch das Unternehmen selbst: Die sogenannte Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG. Begeht eine Leitungsperson eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, kann nicht nur sie persönlich haften – auch das Unternehmen kann bußgeldrechtlich in Anspruch genommen werden. Die Geldbuße zu Lasten des Unternehmens ist in der Praxis sogar meist die Regel – das Unternehmen ist im Zweifel eher in der Lage, eine Geldbuße in Millionenhöhe zu tragen. Praxisrelevant ist § 30 OWiG auch deshalb, weil das Vorgehen der Behörden Ausgangspunkt für die persönliche Haftung der Manager auf Unternehmensebene ist. 

Ein jüngerer Beschluss des BayObLG vom 7. Juli 2025 (202 ObOWi 278/25) zeigt auf, dass Unternehmen und deren Manager (Vorstände, Geschäftsführer) Bußgeldverfahren eng begleiten sollten: Die Verhängung eines Bußgeldes und die damit womöglich einhergehende Haftung der Manager lassen sich verhindern.

OWiG – Wann werden Bußgelder verhängt?

Das OWiG – Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – erlaubt es Verwaltungsbehörden, Verletzungen von Gesetzen, Verordnungen und anderen Rechtsvorschriften unter anderem durch Bußgelder zu ahnden. Das OWiG fungiert als „Auffangbecken“ für Rechtsverstöße, die unterhalb der Schwelle einer Straftat liegen. Bekanntestes Beispiel sind hier Verstöße gegen die StVO – den Bußgeldkatalog und die Flensburger Behörde kennt wohl jedermann …

Bußgelder – Welche Wirtschaftsbereiche sind besonders betroffen?

Vorstände, Geschäftsführer (und auch Aufsichtsräte) sollten wissen, dass die überwiegende Zahl der Gesetze im „hinteren Teil“ Vorschriften zu Bußgeldern enthält. Dies betrifft nicht nur GmbHG, AktG und HGB. Auch sämtliche „regulierte“ Wirtschaftsbereiche sind von Bußgeldregelungen durchzogen, unter anderem folgende Bereiche:

  • Versicherungen
  • Finanzdienstleistungen
  • Telekommunikation
  • Landwirtschaft
  • Energieversorgung

Bußgelder spielen jedoch auch eine Rolle in vielen Bereichen des täglichen Wirtschaftslebens:

  • Datenschutzrecht
  • Kartellrecht
  • Arbeitsrecht
  • Umwelt- und Naturschutzrecht
  • Gewerberecht

Unternehmensgeldbuße – § 30 OWiG und Spezialgesetze

Das OWiG enthält in § 30 Absatz 1 eine besondere Regelung, welche die Verhängung einer Geldbuße ausdrücklich auch gegenüber einem Unternehmen erlaubt. 

§ 30 Abs. 1 OWiG

„Hat jemand 

1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,

[.….] 

5. als sonstige Person, […] wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung […] gehört,

eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden.“

§ 30 OWiG erlaubt somit die Verhängung einer Geldbuße gegen das Unternehmen, wenn eine „Leitungsperson“ eine bußgeldbewehrte Handlung begeht und dadurch Unternehmenspflichten verletzt oder das Unternehmen bereichert wird oder werden soll.

Wichtig zu wissen ist, dass viele Spezialgesetze entsprechend § 30 OWiG ebenfalls eine Zuordnung eines Fehlverhaltens von „Leitungspersonen“ (Vorstand, Geschäftsführer u.a.) vorsehen. Abweichend vom OWiG sehen einige Spezialgesetze sogar nur die Geldbuße gegenüber dem Unternehmen (und nicht gegenüber der Leitungsperson) vor.

BayObLG – Bußgeld nur bei konkreter Pflichtverletzung

Im Fall des BayObLG erhielt eine Spedition eine Geldbuße, weil ein Fahrer mit einem zu langen Sattelzug unterwegs war. Die zuständige Behörde und das Amtsgericht hielten es für ausreichend, dass dem Unternehmen bzw. „den handelnden Personen“ des Unternehmens bekannt gewesen sei, dass die Nutzung des Sattelzuges unzulässig war.

Das BayObLG kassierte das Urteil der Vorinstanzen. Eine Geldbuße nach § 30 OWiG setze voraus, dass eine konkrete Pflichtverletzung durch eine konkret benannte „Leitungsperson“ festgestellt werde. Dies sei im Fall des Speditionsunternehmens nicht erfolgt. Die Behörde – und später das Gericht – müsse jeweils sauber feststellen, wer wie gehandelt bzw. nicht gehandelt hat.

Wie hoch kann ein Bußgeld nach § 30 OWiG sein?

Der Gesetzgeber hat bewusst hohe Schwellen für Unternehmensgeldbußen gesetzt:

  • bis 10 Mio. € bei vorsätzlichen Handlungen,
  • bis 5 Mio. € bei fahrlässigen Handlungen.

Im Einzelfall wichtig ist: Spezialgesetze können noch weit höhere Beträge vorsehen.

Regress: Kann sich das Unternehmen das Bußgeld von Vorstand und Geschäftsführer zurückholen?

In der Praxis ist die Frage nicht immer so einfach zu beantworten: Im Ausgangspunkt ist ein (bezahltes) Bußgeld wohl ein „Schaden“ des betreffenden Unternehmens. Nimmt man die Entscheidung des BayObLG ernst und belegt der Bußgeldbescheid ein konkretes rechtswidriges Handeln einer „Leitungsperson“, so ist im Fall des Erlasses eines Bußgeldbescheides eine Pflichtverletzung der betreffenden Manager zumindest nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Ein aktives „Tun“ von Vorstand oder Geschäftsführer ist für die Haftung dabei nicht erforderlich. Für die Haftung eines Vorstandes ist ein fahrlässiges Unterlassen, insbesondere von Compliance – Pflichten, ausreichend. Für die Haftung des Geschäftsführers gilt nichts anderes.