Bewertungsfragen bei Immobilien in der Scheidung

Entscheidung des OLG Brandenburg zur Grundstücksbewertung

Bei Scheidungen mit Immobilienvermögen stellt sich im Rahmen des Zugewinnausgleichs regelmäßig die Frage nach der richtigen Bewertung des Grundbesitzes.

Veröffentlicht am: 25.08.2022
Qualifikation: Fachanwältin für Familienrecht und Erbrecht in Berlin
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Im Rahmen des Zugewinnausgleichs sind Ehegatten oft mit der Frage konfrontiert, wie viel ein Grundstück wert ist, das in die Berechnung des zu zahlenden Zugewinns einzubeziehen ist. Ermittelt werden muss der Verkehrswert. Und die nötige Kompetenz haben sachverständige Gutachter. Die Beteiligten können sich auf einen bestimmten Wert einigen oder gemeinsam einen Gutachter beauftragen oder vor Gericht streiten.

Die Wertermittlung durch das Gericht

Wenn sich die Beteiligten streiten, wird in einem gerichtlichen Verfahren durch das Gericht ein Gutachter beauftragt werden. Das Gericht entscheidet nach seinem Ermessen, welches Wertermittlungsverfahren es anwendet.

Das OLG Brandburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem sich nach der Scheidung die Ehefrau gegen ein Gutachten zur Wertermittlung der Immobilie wandte, weil sie der Meinung war, der ermittelte Wert sei zu hoch und beruhe auf falschen Methoden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2022, Az. 13 UF 100/18)

Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren oder „Mischmethode“

Das OLG Brandenburg hat nun noch einmal klargestellt, dass bei Immobilien in der Scheidung für die Ermittlung des Zugewinns neben dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren auch die Mischmethode angewandt werden kann, die die Ergebnisse der beiden genannten Verfahren kombiniert.

Gibt es einen Kaufinteressenten, dann kann der vereinbarte Preis ein Hinweis sein auf den Wert. Wenn andere Grundstücke in der Gegend gerade verkauft werden, können die dort erzielten Preise als Indiz für die Wertermittlung dienen.

Grundsätzlich gilt die Immobilienwertermittlungsverordnung

Die Immobilienwertverordnung  (ImmoWertV) wurde ursprünglich zur Bewertung von Grundstücken entwickelt, die nach § 193 BauGB enteignet werden sollten. Das OLG verweist zurecht darauf, dass die anzuwendenden Bewertungsgrundsätze jedoch auch für den Zugewinnausgleich herangezogen werden. Die Vergleichswert-, Sachwert- und Ertragswertmethode sind in ihr kodifiziert.

Im zu entscheidenden Fall geht das Gericht auch darauf ein, welches Verfahren für welche Art Grundstück geeignet und sachgerecht ist. Mit dem Vergleichswertverfahren lässt sich der Bodenwert bebauter Grundstücke und der Wert unbebauter Grundstücke ermitteln, während das Ertragswertverfahren für Renditeobjekten wie Miets- und Geschäftshäusern genutzt wird. Das Sachwertverfahren ist vor allem bei Einfamilienhäusern sachgerecht, da sich die Erwerber dieser Objekte nicht nach Renditegesichtspunkten richten.

Rechtzeitig die Weichen stellen

Ein Verkehrswertgutachten kann nur dann mit einer Aussicht auf Erfolg angegriffen werden, wenn zum Beispiel eine Methode angewandt wurde, die für die Art des Grundstücks nicht geeignet ist und bestimmte Umstände vorliegen, die das belegen. Es lohnt sich, frühzeitig zu eruieren, ob eine Einigung im Hinblick auf den Gutachter bzw. dessen Bewertungsmethode erzielt werden kann. Denkbar ist auch, sich ohne Gutachten auf einen Wert zu verständigen, wenn für diesen Wert genügend Anhaltspunkte vorhanden sind, auf die die Beteiligten sich einigen können.