Das neue Schweizer Erbrecht (Teil 2)

Wer hat's erfunden? Die Deutschen!

Im neuen Schweizer Erbrecht finden sich Anlehnungen an das deutsche Erbrecht - u.a. beim Ehegattenerbrecht im Scheidungsfall und bei Schenkungen nach Abschluss eines Erbvertrags.

Veröffentlicht am: 25.01.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt in Hamburg
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Für alle Erbfälle ab dem 1. Januar 2023, die dem Schweizer Recht unterliegen, gelten zahlreiche neue Regeln. Wir berichteten hier bereits über die Zurückdrängung des Erb- und Pflichtteilsrecht der Eltern. Daneben gibt es aber noch eine Reihe anderer – nicht ganz unbedeutender – Anpassungen, für die offenbar auch das deutsche Erbrecht Pate stand.

Keine Erbschaft für den Ex – schon vor der rechtskräftigen Scheidung

Seit Anfang Januar verliert in der Schweiz ein Ehegatte sein Pflichtteilsrecht nicht mehr erst mit Rechtskraft der Scheidung, sondern bereits mit Beginn des Scheidungsverfahrens. Hierin liegt eine Annäherung an das deutsche Recht, das allerdings sogar das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erlöschen lässt, wenn der Scheidungsantrag gestellt wurde und die Voraussetzungen für die Scheidung vorliegen.

Schenkungen nach einem Erbvertrag

Das neue Schweizer Erbrecht will die Vertragspartner eines Erbvertrags stärker schützen. Bislang konnten diese nach Abschluss des Erbvertrags relativ ungeniert Vermögen verschenken, was dem Gedanken der Vereinbarung häufig nicht entsprach. Nun sollen Schenkungen anfechtbar sein, soweit es sich nicht um übliche Gelegenheitsgeschenke handelt oder die Zuwendung im Vertrag ausdrücklich erlaubt wurde.

Dem deutschen Erbrechtler fällt dazu spontan die Regelung des § 2287 BGB ein. Die besagt, dass ein Erbe, der sein Erbrecht aus einem Erbvertrag hat, die Herausgabe von Schenkungen verlangen kann, wenn diese von seinem Vertragspartner in der Absicht vorgenommen wurden, ihn zu beeinträchtigen.

Der lohnende Blick über den Tellerrand

Die Neuregelungen im Schweizer Recht zeigen, dass es durchaus lohnt, mal über den Tellerrand der eigenen nationalen Rechtsordnung zu gucken, um sich in einem Nachbarland (oder auch noch weiter entfernt) Anregungen für ein modernes Erbrecht zu holen. Das gilt im vorliegenden Fall auch für uns, soweit die Schweizer Reform von den hiesigen Regelungen abweicht oder darüber hinausgeht.