Datenschutz vs. Facebook

Wer darf klagen gegen die mächtigsten Konzerne?

Veröffentlicht am: 06.04.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wer darf klagen gegen die mächtigsten Konzerne?

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Das größte, nun, jedenfalls eines der großen Probleme des Datenschutzes ist: Überhaupt mitzubekommen, dass die eigenen Rechte verletzt werden und diese Rechte dann gerichtlich durchzusetzen – gerade, wenn einem im Gerichtssaal die hochbezahlten Anwälte der großen Social Media Riesen Facebook & Co gegenüber sitzen. Das kann lange dauern und extrem teuer werden. Das zeigt nicht zuletzt der Fall des österreichischen Datenschutzaktivisten Maximilian Schrems, der seit 2013 in diversen Gerichtsverfahren immer wieder für die Einhaltung europäischer Datenschutzvorschriften durch US-amerikansiche Unternehmen streitet.

Die Bedeutung der neusten Vorlage des BGH an den Europäischen Gerichtshof darf daher an Bedeutung nicht unterschätzt werden. Die Frage: Wer darf denn eigentlich klagen, wenn Facebook gegen das Datenschutzrecht verstößt?

Keine hinreichende Einwilligung

Hintergrund des aktuellen Gerichtsverfahrens: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) klagte gegen Facebook wegen der Gestaltung des „App-Zentrums“, in welchem kostenlose Spiele anderer Anbieter zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzer klicken auf „Sofort spielen“ und stimmen dabei automatisch der Übermittlung diverser Daten an den Spielebetreiber zu. Darüber hinaus werde auch der automatischen Veröffentlichung von Statusmeldungen im eigenen Namen zugestimmt.

Bereits 2017 gab das Kammergericht in Berlin  der Klage statt. Nun kompliziert sich die Sache aber. Denn 2018 ist die neue europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Ob die Verbraucherschutzverbände indes nach dem neuen Recht klagebefugt sind, oder ob dies ausschließlich den Datenschutzbeauftragen zufällt, ist (angeblich) unklar.

Rechtslage in der neuen DSGVO

In einem ähnlichen Fall hatte der EuGH sich jedenfalls im Dezember 2018 noch ganz klar für die Klagebefugnis der Verbraucherschutzverbände ausgesprochen. Damals hatte die Verbraucherzentrale NRW gegen den „Like“-Button von Facebook geklagt. Das Gericht hatte die Klagebefugnis bejaht und inhaltlich geurteilt: Wer den „Gefällt mir“-Button auf seiner Webseite einbindet, sodass personenbezogene Daten des Nutzers dadurch an Facebook übermittelt werden, haftet hierfür gemeinsam mit dem Netzwerk.

Nun zweifelten die Anwälte von Facebook aber an, ob dies auch nach Inkrafttreten der neuen DSGVO noch Gültigkeit habe. Sie argumentieren (halten Sie sich fest), Sinn und Zweck der neuen Regelung sei es, Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen. Eine Klage durch Verbraucherschutzverbände sei aber ausdrücklich in dem Gesetz nicht vorgesehen, sondern sei eine nationale Besonderheit, die durch die DSGVO abgeschafft werden sollte.

Verbraucherschutz unter Beschuss

Es ist bezeichnend, dass jedes noch so fadenscheinige Argument durch hochbezahlte Anwälte mit genug Lobbykraft im Rücken Gerichtsverfahren über Jahre in die Länge ziehen und horrende Kosten verursachen kann. Zugegeben, das neue Regelwerk ist unübersichlich und führte zuletzt zu diversen Unsicherheiten in der juristischen Fachwelt.

Aber selbst wenn die DSGVO eine Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden ausdrücklich nicht vorsieht – so ist und bleibt doch Sinn und Zweck der DSGVO unbestritten die Stärkung der Verbraucherschutzrechte. Dass diese gerade im Internetrecht nur marginal vom Individuum bestimmt werden, dürfte auf der Hand liegen. So argumentierte auch der Anwalt der Verbraucherschutzzentralen, die DSGVO diene der schnellen und effektiven Umsetzung hoher Datenschutzstandarts, nicht aber der Schwächung dieser.

Daher kann man wohl absehen, dass der EuGH zugunsten der Verbraucher entscheiden wird. Gewinner der Show bleibt dennoch Facebook. Denn das Unternehmen hat es schon wieder geschafft, den europäischen Verbraucherschutz auf die Wartebank zu schieben.