Lästern als Thema des Wettbewerbsrechts?
Social Media findet seinen Weg vor die Gerichte
Aufgrund seiner hohen und stetig zunehmenden Relevanz wird Social Media in all seinen Facetten immer häufiger zum Gegenstand gerichtlicher Verfahren. In einem aktuellen Fall musste sich das OLG unter anderem mit den wettbewerbsrechtlichen Fragen im Bezug auf Influencern beschäftigen.
Die rasante Entwicklung des Internets hat nicht nur neue Wege der Kommunikation und des Marketings eröffnet, sondern auch völlig neue Berufsfelder geschaffen. Sogenannte Influencer produzieren auf den verfügbaren Social-Media-Plattformen Unterhaltungen verschiedenster Art. Je nach Inhalt sind Konflikte zwischen Influencer, die öffentlich im Internet ausgetragen werden, keine Seltenheit mehr. Dabei gerät schnell in Vergessenheit, dass auch das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte sich nun mit den rechtlichen Fragen eines Streits auf Social Media zu befassen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.07.2025, Az. 16 U 80/24).
Meinung oder Beleidigung
Eine Influencerin betreibt mehrere Accounts, unter anderem auf YouTube, Twitter, TikTok und Instagram. In ihren Beiträgen behandelt sie primär aktuelle politische Themen, Frauenrechte, Feminismus, Rechte der LGBTQ-Community sowie das Thema „Gaming“. Ein männlicher Kollege der Branche, der ebenfalls Accounts auf denselben Plattformen betreibt, äußerte sich in seinen Beträgen wiederholt negativ über die Content-Creatorin.
Unter anderem behauptete er, sie würde „[…] Tag ein, Tag aus […]“ hetzen; es sei ihr Geschäftsmodell „diesen Hass zu verbreiten, diese Fake News“. Als sich die Influencerin im Wege einer Klage gegen die getätigten Äußerungen zur Wehr setzt, erklärte er weiterhin, sie verklage ihn nur, „weil es ihr nicht gefällt, was […]“ er über sie sage. Zudem wirft er ihr vor, ein „misogynes Verhalten“ an den Tag zu legen. Er bezeichnete sie außerdem als „Hate-Influencerin“, die Hass verbreite.
Die Influencerin verklagte ihn auf Unterlassung. Zum einen verletze der Influencer mit seinen Aussagen ihr Persönlichkeitsrecht, zum anderen verstoße er gegen das Wettbewerbsrecht.
Nur halber Sieg
Das OLG teilte die Auffassung der Influencerin nur teilweise. Ein Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts komme nur dann in Betracht, wenn die Verletzung schwerer wiegt als die Presse- und Meinungsfreiheit des Influencer-Kollegen. Dies sei nur dann der Fall, wenn es sich bei den beanstandeten Äußerungen nicht um Meinungsäußerungen handele. Bei einigen der Beiträge des Influencers sei dies jedoch nicht der Fall. Lediglich die Aussagen, die der Influencerin unterstellen, sie „hetze“ und ihre „Hassverbreitung“ sei ihr „Geschäftsmodell“, seien als unwahren Tatsachenbehauptungen einzuordnen und daher zu unterlassen. Alle weiteren Äußerungen unterfielen allerdings dem Schutz der Meinungsfreiheit und könnten daher nicht untersagt werden.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen. Im Gegenteil stellten die Richter fest, dass es bereits an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden Influencern fehle. Dass beide eine Tätigkeit auf dem „Streaming-Markt“ verfolgen genüge nicht. Auch könne keine geschäftliche Handlung in den Äußerungen gesehen werden. Diese dienen nämlich nicht der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen, sondern lediglich der Unterhaltung. Damit handele es sich um rein redaktionelle Beiträge, wodurch der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrecht nicht eröffnet sei.
Beruf: Social Media
Das Verfahren dürfte für keine der beiden Seiten ausschließlich Grund zu Freude sein. Es handelt sich um eine Entscheidung im Eilverfahren. Der beklagte Influencer hat bereits angekündigt, die Angelegenheit im Hauptsacheverfahren weiterverfolgen zu wollen. Insofern bleibt eine endgültige Entscheidung wohl vorerst abzuwarten.
Nichtsdestotrotz verdeutlicht das Verfahren, dass sich im Kontext von Social Media rechtliche Fragestellungen stellen, welche bislang nicht abschließend geklärt sind. So ist insbesondere offen, wann ein wettbewerbsrechtliches Verhältnis zwischen Influencern anzunehmen ist. Angesichts der möglichen rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht besteht an dieser Frage jedoch ein berechtigtes Interesse.