Was sind digitale Gesundheitsanwendungen?

Schon seit letztem Jahr gibt es Apps auf Rezept

Veröffentlicht am: 13.12.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Schon seit letztem Jahr gibt es Apps auf Rezept

Autor: Anna-Maria Blömer

In einer Welt, in der die Digitalisierung durch fast tägliche technische Neuentwicklungen am laufenden Band vorangetrieben wird, soll es nun auch „Apps auf Rezept“ geben. Ein paar Gesetzesänderungen Anfang letzten Jahres sollen das Anbieten solcher Apps erst ermöglicht haben. Potenzielle Gründer sind sich sicher, dass solche Geschäftsmodelle mehr als 70 Millionen Kunden erreichen könnten und träumen schon von der goldenen Nase.

Aber versprechen diese sogenannten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa) wirklich den großen Erfolg, den man ihnen prophezeit?

Experimente auf dem digitalen Gesundheitsmarkt

Mit der Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) verspricht man sich, dass Deutschland als Innovationsstandort attraktiver wird. DiGa-Startups können seit Anfang 2020 ihre Apps durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zertifizieren lassen. Damit wird den Apps die Möglichkeit eingeräumt, von Ärzten verschrieben werden zu können, wodurch Patienten die entstehenden Kosten bei der gesetzlichen Krankenkasse einreichen können.

Der Anforderungskatalog für digitale Gesundheitsanwendungen, um von der BfArM die Verifizierung zu erhalten, ist umfangreich. Das gilt insbesondere für junge Unternehmen. Außerdem können nur in bestimmten Bereichen DiGa-Modelle angewendet werden – Diagnose-Anwendungen gehören bislang nicht dazu.

Herausforderungen für DiGa-Startups

Erfolgreich kann ein DiGa-Geschäftsmodell nur dann werden, wenn es sowohl von ausreichend Ärzten als auch Patienten gekannt und genutzt wird. Die Kosten für den Patienten werden nur dann von der Krankenkasse übernommen, wenn eine Diagnose vorhanden ist, also der Arzt oder Therapeut die digitale Gesundheitsanwendung verschrieben hat.

Hinsichtlich des Vertreibens der App muss man sich darüber im Klaren sein, dass man auf direkter Ebene mit den großen Pharmakonzernen konkurriert, welche bereits etablierte Direktvertrieb-Strukturen haben. Ohne entsprechenden Bekanntheitsgrad und gewonnenes Vertrauen der Patienten sowie der Ärzte und Therapeuten wird es für DiGa-Startups schwer sein, gegen die großen Haie im Healthcare-Becken anzukommen.

Das bedeutet, dass genügend Zeit und Geld aufgebracht werden muss, um sich in dieser Szene etablieren zu können. Dabei handelt es sich um zwei Ressourcen, über die ein frühphasiges Unternehmen meistens nicht in allzu großem Umfang verfügt.

Welche Finanzierungsmodelle gibt es neben Venture Capital für Health Tech?

Zwar lassen sich bei Gründungen im Gesundheitswesen konkrete Probleme lösen, allerdings ist die Entwicklung der Lösung meist umfangreicher und langwieriger als in anderen Branchen. Entgegen dieser Tatsache wünschen sich Venture Capital (VC)-Investoren häufig schnelles Wachstum, welches in einem regulierten B2B2C-Markt teilweise nicht möglich ist. Damit das möglich wäre, müssten die Gesundheitssysteme verschiedener Länder einheitlicher agieren. Denn ein expansives Wachstum heißt auf Dauer, dass eine Integration in die lokalen Gesundheitssysteme erfolgen muss.

In Zusammenhang mit dem digitalen Gesundheitsmarkt kommen eher strategische Investoren ins Spiel, die bei Kommerzialisierungs,- Zertifizierungs,- Internationalisierungs,- oder Distributions-Problemen unterstützen können. Wichtig ist dabei, dass es sich um Investoren handelt, welche sich mit dem Markt, den Entwicklungszyklen auskennen und unter Umständen mit dem Medizinrecht vertraut sind, und wissen worauf es zu achten gilt. In diesen Investor-Gründer-Beziehungen birgt sich oftmals großes Potenzial für beidseitige Synergien.

Digitaler Gesundheitsmarkt birgt großes Potenzial

Besonders der Gesundheitsbereich birgt vielfältige Möglichkeiten, um innovative Geschäftsmodelle mit echtem Mehrwert für Patienten zu entwickeln. Sowohl Markt als auch Stakeholder werden immer offener für Veränderung, was sich schließlich an den jüngsten Entwicklungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zeigte.

Wer die Integration in die Branche schafft und seine Marke als vertrauenswürdig etabliert, der hat eine Eintrittshürde für Konkurrenten geschaffen, die nicht so leicht zu imitieren ist. Wenn auch Unternehmer und Kapitalgeber diese Entwicklungen verstehen und respektieren, schafft der digitale Gesundheitsmarkt ein großes Potential für Disruption.