Ergänzungsverlangen zur Tagesordnung einer Hauptversammlung

Unbedingt rechtzeitig anmelden - und bekannt machen!

Veröffentlicht am: 14.12.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Unbedingt rechtzeitig anmelden - und bekannt machen!

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Jens Nyenhuis, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg

Der Bundesgerichtshof hat am 14.07.2020 (Az. II ZR 255/18) entschieden, dass Ergänzungsverlangen betreffend die Tagesordnung einer Hauptversammlung einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft so rechtzeitig bekannt gemacht werden müssen, dass den Aktionäre noch ausreichend Zeit bleibt, um unter Berücksichtigung der Ergänzung über ihre Teilnahme zu entscheiden.  

Bei Verstoß gegen diesen Grundsatz sind die zu dem Ergänzungsverlangen gefassten Beschlüsse der Hauptversammlung nichtig. Dies können Aktionäre durch die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss gerichtlich feststellen lassen.

Voraussetzungen für die Einberufung der Hauptversammlung

Die Einberufung einer Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft erfolgt in der Regel durch den Vorstand. Bei der Einladung sind diverse Formalien zu beachten. Ein Verstoß hiergegen führt in aller Regel zur Nichtigkeit der auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse.

Die Einladung muss in jedem Fall

  1. die Firma,
  2. den Sitz der Gesellschaft sowie
  3. Zeit und Ort der Hauptversammlung enthalten.
  4. Außerdem ist die Tagesordnung mit Beschlussvorschlägen anzugeben.
  5. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften gelten weitere Voraussetzungen.
  6. Die Einladung ist sodann in der Regel im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Die Hauptversammlung ist mindestens dreißig Tage vor dem Tage der Versammlung einzuberufen. Die Satzung kann die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts davon abhängig machen, dass die Aktionäre sich vor der Versammlung anmelden. Die Anmeldung muss der Gesellschaft mindestens sechs Tage, kürzere Fristen können durch die Satzung vorgesehen werden, vor der Versammlung zugehen.

Ergänzung der Tagesordnung verlangen

Aktionäre, die mindestens 5 Prozent des Grundkapitals halten oder mit mindestens 500 000 Euro beteiligt sind, können eine Ergänzung der Tagesordnung verlangen. Dieses Ergänzungsverlangen muss der Gesellschaft mindestens 24 Tage, bei börsennotierten Gesellschaften mindestens 30 Tage vor der Versammlung zugehen.

Das Ergänzungsverlangen ist vom Vorstand im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Gericht die Aktionäre, die das Verlangen gestellt haben, ermächtigen, den Gegenstand bekanntzumachen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.07.2020 lag ein Ergänzungsverlangen eines Aktionärs einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft zugrunde. Dieser verlangte die Ergänzung der Tagesordnung um zwei Punkte, in denen jeweils über eine Sonderprüfung Beschluss gefasst werden sollte.

Die Hauptversammlung war, auf Antrag eines Aktionärs, vom Vorstand auf den 29.07.2016 geladen und sollte über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern entscheiden. Die Einladung wurde am 23.06.2016 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Gemäß einer Satzungsregelung mussten sich die Aktionäre als Teilnahmevoraussetzung bis spätestens zum 25.07.2016 die Ausstellung einer Stimmkarte beantragt haben.

Mit Schreiben vom 30.06.2016 stellte der Aktionär sein Ergänzungsverlangen. Der Vorstand blieb untätig und veranlasste keine Veröffentlichung des Ergänzungsverlangens. Der Aktionär beantragt daraufhin am 13.07.2016 bei Gericht die Ermächtigung zur Veröffentlichung der ergänzten Tagesordnung, die am 21.07.2016 durch richterlichen Beschluss bewilligt wurde. Noch am gleichen Tag, also dem 21.07.2016 übermittelte der Aktionär den Veröffentlichungsauftrag an den Bundesanzeiger, in dem dann am 25.07.2016 die Ergänzung der Tagesordnung veröffentlicht wurde.

Verspätete Bekanntmachung der Ergänzung

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Bekanntmachung der Ergänzung der Tagesordnung vier Tage vor der Hauptversammlung verspätet ist. Die Bekanntmachung des Ergänzungsverlangens an dem letzten Tag, an dem die Aktionäre sich noch zur Hauptversammlung anmelden konnten, machte diesen eine Befassung mit den Ergänzungen nahezu unmöglich.

Hierin sah der Bundesgerichtshof eine Verletzung von Aktionärsrechten und erklärte die zu den ergänzten Tagesordnungspunkten gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse für nichtig.

Informationsinteresse der Aktionäre berücksichtigen

Das Gericht befand, dass im Spannungsverhältnis zwischen dem Informationsinteresse der Aktionäre und den Rechten der Aktionäre, durch ein Ergänzungsverlangen Einfluss auf die Hauptversammlung zu nehmen, das Informationsinteresse der Aktionäre überwiegt.

Den Grund hierfür sieht der Bundesgerichtshof darin, dass die das Ergänzungsverlangen stellenden Aktionäre ihr Anliegen ohne weiteres auch noch in der nächsten Hauptversammlung zur Sprache bringen können. Denn die gerichtliche Ermächtigung zur Bekanntmachung ergänzender Tagesordnungspunkte gilt auch für die folgende Hauptversammlung, wenn von ihr für die anstehende Hauptversammlung wegen zu enger Fristen kein Gebrauch gemacht werden kann.

Natürlich können die Aktionäre ihr Ergänzungsverlangen auch weit im Vorfeld der nächsten Hauptversammlung stellen beziehungsweise die Einberufung einer Hauptversammlung mit entsprechender Tagesordnung verlangen.

Hinweise für die Praxis

In der Praxis ist darauf zu achten, dass Ergänzungsverlangen betreffend die Tagesordnung entweder schon vor der Einberufung oder jedenfalls unmittelbar nach der Einberufung der Hauptversammlung gestellt werden. Anderenfalls droht hier eine Verspätung und daraus resultierende Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse.

Bis zu welchem Zeitpunkt das Ergänzungsverlangen des Minderheitsaktionärs bekannt gemacht werden muss, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen. Anhand der Urteilsgründe kommt insoweit eine Bekanntmachung spätestens 15 Tage vor der Hauptversammlung in Betracht.

Aus Sicht des Vorstands sind die Handlungsoptionen bei nicht genehmen Ergänzungsverlangen abzuwägen. Ihm ist dabei ein Prüfungszeitraum zuzubilligen. Bloße Untätigkeit hingegen dürfte eine Pflichtverletzung darstellen.