Game of Thrones Fortsetzung von ChatGPT

Urheberrecht und KI

Bekanntermaßen hält ChatGPT vom Urheberrecht nicht allzu viel. Kaum verwunderlich also, dass sich die Klagen vor den Gerichten geradezu stapeln. Dabei handelt es sich nicht um ein spezifisches Problem des deutschen Urheberrechts. Auch in den USA sitzt OpenAI in einem aktuellen Verfahren auf der Anklagebank.

Veröffentlicht am: 11.11.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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Mit der Einführung künstlicher Intelligenz (KI) sind zahlreiche rechtliche Fragestellungen aufgekommen, die bis heute nicht abschließend geklärt sind. Probleme traten insbesondere dann auf, als die KI-Systeme begannen, nicht nur theoretisches Wissen weiterzugeben, sondern selbst kreativ zu werden. Lieder, Texte und Bilder lassen sich mittlerweile problemlos mit ChatGPT und ähnlichen Programmen erstellen. Diese Kreativität kommt allerdings nicht von selbst. Vielmehr „leiht“ sich die KI ihre Ideen von Menschen und begibt sich damit in ein urheberrechtliches Minenfeld.

International klagen Verbände und Urheberrechtsinhaber gegen die Verwendung ihrer Werke durch ChatGPT und Co. In den USA haben sich kürzlich mehrere Autoren zur Verteidigung ihres Urheberrechts an ihren Texten gegenüber den KIs zu zusammengeschlossen.

Alternatives Ende

Damit eine KI funktionsfähig ist, muss der Hersteller dem Programm einen hinreichenden Kenntnisstand vermitteln (sogenannten Trainingsdatensatz). Dieser Datensatz enthält umfassende Informationen über Daten, Texte und Ähnliches. Welche Inhalte jedoch genau verwendet werden, hat OpenAI bislang nicht offengelegt. Es liegt jedoch nahe, dass der Datensatz auch urheberrechtlich geschützte Werke umfasst. Andernfalls ließe sich kaum erklären, wie ChatGPT problemlos einen alternativen dritten Band der Fantasy-Reihe Game of Thrones verfassen konnte.

Mehrere US-Anwälte forderten ChatGPT auf, eine Fortsetzung des zweiten Game of Thrones-Bandes im Detail zu umreißen. Anstatt an den eigentlichen dritten Teil anzuknüpfen, verfasste die KI jedoch eine völlig neue Geschichte, die zwar die Charaktere und die Welt der ersten beiden Bände beinhaltete, jedoch vom eigentlichen Plot völlig abwich. Dies sei kein Einzelfall. ChatGPT könne den Stil mehrerer Schriftsteller imitieren und so Alternativen zu deren eigentlichen Werken schaffen. Die Autoren sehen dadurch ihren Lebensunterhalt gefährdet und ihre Urheberrechte verletzt. Daher klagt nun eine Gruppe von 17 Autoren gegen OpenAI vor dem US-Bundesbezirksgericht in New York (Süd).

Klage zunächst nicht abwendbar

OpenAI versuchte das Verfahren schon im Vorfeld durch einen Antrag auf Abweisung abzuwehren („motion to dismiss“). Das Unternehmen berief er sich darauf, dass urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis zu fairen und angemessenen Zwecken genutzt werden dürfen („Fair Use“). Dazu gehöre auch die Erstellung eines KI-Trainingsdatensatz.

Der Versuch scheiterte jedoch. Der zuständige Richter wies darauf hin, dass eine vernünftige Jury zu dem Schluss kommen könne, die angeblich rechtsverletzenden Ergebnisse seien den Werken der Kläger in wesentlichen Punkten ähnlich. Zugleich betonte er, dass die Ablehnung des Antrags auf Abweisung noch keine Rechtsauffassung seinerseits darstelle. Im weiteren Verlauf des Verfahrens müsse insbesondere geklärt werden, ob sich Entwickler künstlicher Intelligenzen tatsächlich auf die Fair-Use-Verteidigung berufen können.

Internationales Problem

Dass ChatGPT und Co. mit dem Urheberrecht in Konflikt geraten, ist kein ausschließlich amerikanisches Problem. Auch in Deutschland sind bereits mehrere Entscheidungen ergangen, aus denen sich bislang jedoch keine einheitliche Leitlinie erkennen lässt.

So entschied das Landgericht (LG) Hamburg zuletzt, dass die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke für den KI-Trainingsdatensatz gemäß § 44b UrhG und § 60d UrhG zulässig sei (LG Hamburg, Urteil vom 27.09.2024 - 310 O 227/23). Das LG Berlin hingegen zog die Grenze der Zulässigkeit bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts (LG Berlin II, Urteil vom 20.08.2025 – 2 O 202/24).

Erst heute entschied das LG München (Urteil vom 11.11.2025 – 42 O 14139/24), der Leitlinie des LG Hamburg nicht zu folgen. In diesem Verfahren klagte die Verwertungsgesellschaft GEMA gegen OpenAI wegen der urheberrechtsverletzenden Verwendung ihrer Songtexte. Das LG München entschied, dass entgegen der Auffassung des LG Hamburg die Verwendung urheberrechtlich geschützter Texte gerade nicht durch das UrhG gedeckt sei. Die entsprechenden Vorschriften schützen zwar die Verwendung bestehender Datensätze im Rahmen des Trainingsdatensatz, nicht jedoch die durch die KI betriebene Vervielfältigung. Aus dieser abweichenden Beurteilung dürfte klar sein, dass ohne ein Eingreifen des Gesetzgebers die Fälle, in denen ChatGPT auf der Anklagebank sitzt, noch längst nicht Geschichte sind.

Ein solcher Eingriff des Gesetzgebers wird voraussichtlich unumgänglich sein. Ohne entsprechende gesetzliche Regelungen besteht die Gefahr, dass der Urheberschutz weitgehend wirkungslos wird. Nach der derzeitigen Rechtslage knüpft das Urheberrechtsgesetz die Urheberschaft an eine natürliche Person. Werke die vollständig oder überwiegen von einer KI geschaffen wurden unterfallen diesem Anwendungsbereich nicht. Diese können somit grundsätzlich von jedermann frei genutzt werden. Basiert ein solches Werk jedoch auf einem ursprünglich urheberrechtlich geschützten, was sich durch den bisherigen Umgang mit den Trainingsdatensätzen kaum vermeiden lässt, wird dieser ursprüngliche Schutz nahezu wirkungslos.