Geschäftsführerhaftung in der Krise

GmbH-Geschäftsführer haftet für Lohnzahlungen

Veröffentlicht am: 04.01.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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GmbH-Geschäftsführer haftet für Lohnzahlungen

Ein Beitrag von Dr. Jens Nyenhuis, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg

Der Bundesgerichtshof hat am 24.09.2020 entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH für Lohnzahlungen in der Krise privat haftet (BGH, Beschluss vom 24.09.2020, Aktenzeichen: II ZR 248/17). Die Haftung besteht gegenüber dem Insolvenzverwalter als Vertreter krisenbehafteten GmbH.

Der Geschäftsführer kann sich zu seiner Verteidigung weder auf die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs noch darauf berufen, dass er die Zahlungen in der Absicht vorgenommen hat, das Unternehmen zu sanieren.

Vorliegen einer „Krise“

Nicht jede Krise der betreffenden GmbH führt sogleich dazu, dass der die Gehälter auszahlende Geschäftsführer hierfür gegenüber dem Insolvenzverwalter persönlich haftet.

Eine solche Haftung kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn die GmbH zum Zeitpunkt der Auszahlungen bereits insolvenzreif gewesen ist. Eine solche Insolvenzreife liegt vor, wenn die GmbH entweder zahlungsunfähig oder überschuldet ist.

Eine Zahlungsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die GmbH nicht mehr ausreichend liquide Mittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten besitzt. Im Falle einer Überschuldung deckt das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr und es besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Unternehmensfortführung.

In diesen Fällen ist der GmbH-Geschäftsführer zur sofortigen Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder zu spät nach, haftet der Geschäftsführer im Grundsatz für alle nach Eintritt der Insolvenzreife von der GmbH noch geleisteten Zahlungen persönlich.

Entscheidung und Begründung

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung des beklagten Geschäftsführers zur Zahlung in Höhe von annähernd 400.000 Euro. Hintergrund für die Verurteilung waren im wesentlichen Lohnzahlungen der GmbH nach Eintritt einer Überschuldung. Der klagende Insolvenzverwalter konnte anhand eines im letzten Jahresabschluss ausgewiesenen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages die Überschuldung hinreichend nachweisen.

Der Geschäftsführer konnte sich demgegenüber nicht auf die fehlende Erkennbarkeit der Insolvenzreife berufen. Er hat sich aber besonders bei Anzeichen einer Krise zu jeder Zeit einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Die Einschaltung externer Berater könne den Geschäftsführer nur dann entschuldigen, wenn ein geeigneter unabhängiger Berater beauftragt und mit den erforderlichen Informationen versorgt wird.

Laut Bundesgerichtshof kann sich der Geschäftsführer zu seiner Entlastung auch nicht auf die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs berufen. Der Geschäftsführer sei kein Arbeitnehmer. Wenn er Weisungen der Gesellschafter zu entsprechenden Zahlungen nicht ausführen möchte, müsse er sein Amt niederlegen. Zudem könne sich der Geschäftsführer auch deswegen nicht auf den innerbetrieblichen Schadensausgleich berufen, weil für seine Haftung bereits einfache Fahrlässigkeit genüge.

Schließlich verdeutlichte der Bundesgerichtshof, dass auch die behauptete Sanierungsabsicht allein die Haftung nicht entfallen lässt. Hierfür müsse eine konkrete Sanierungs- und Fortführungschance dargelegt werden. Allgemeine Hinweise auf einzelne wirtschaftliche Verbesserungen im Geschäftsbetrieb seien insofern unzureichend.

Hinweise für die Praxis

Der Bundesgerichtshof bestätigt die strengen Grundsätze der Geschäftsführerhaftung in der Krise. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Geschäftsführer insbesondere in der Krise die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH laufend prüfen sollte.

Eine externe Beratung kann entlastend wirken. Der Beratungsauftrag muss dafür jedoch möglichst frühzeitig an einen qualifizierten und unabhängigen Experten erteilt werden, dem alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Falle einer festgestellten nicht kurzfristig behebbaren Insolvenzreife sollte sodann umgehend Insolvenzantrag gestellt werden.