Gesellschafterliste und Versammlungsleitung

Wichtige Komponenten im GmbH-Gesellschafterstreit

Veröffentlicht am: 04.12.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wichtige Komponenten im GmbH-Gesellschafterstreit

Ein Beitrag von Dr. Jens Nyhenhuis, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 20. November 2018 unterstreicht die Wichtigkeit der Gesellschafterliste und der Versammlungsleitung in streitigen Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft.

Ein Gesellschafter ist für die Dauer seiner Eintragung in der beim Handelsregister hinterlegen Gesellschafterliste als Gesellschafter zu behandeln. Nach dem BGH gilt dies selbst dann, wenn sein Geschäftsanteil zuvor eingezogen worden ist und der Gesellschafter hiergegen ohne Erfolg eine Anfechtungsklage erhoben hat.

Eine satzungswidrige Übernahme der Versammlungsleitung führt für sich genommen nicht zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

Die Gesellschafterliste entscheidet

Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist.

Diese im Jahr 2008 eingeführte gesetzliche Regelung ist insbesondere in streitigen Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft von enormer Relevanz. Insbesondere für die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen kommt es nicht darauf an, wer materiell-rechtlich Inhaber eines Geschäftsanteils an, sondern wer in der Gesellschafterliste eingetragen ist.

Ebenfalls von hoher Bedeutung im Falle eines Gesellschafterstreites ist, wer die betreffende Gesellschafterversammlung leitet. Der Versammlungsleiter besitzt wichtige Kompetenzen bei der Durchführung von Gesellschafterversammlungen. Er stellt beispielsweise Beschlüsse fest und entscheidet über die Reihenfolge der Tagesordnung und kann auf diese Weise erheblichen Einfluss auf die Fassung und gerichtliche Überprüfung von Gesellschafterbeschlüssen ausüben.

Das gilt nach dem BGH auch nach der Einziehung des Geschäftsanteils

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 20. November 2018 geurteilt, dass die gesetzliche Regelung zur Gesellschafterliste auch im Falle einer Einziehung von Geschäftsanteilen Anwendung findet. Im vorliegenden Fall hat der Kläger mit Erfolg die Geltendmachung von Gesellschafterrechten nach einer wirksamen Einziehung seines Geschäftsanteils durchgesetzt.

In einer vorherigen Gesellschafterversammlung wurde ein Geschäftsanteil des Klägers eingezogen und die hiergegen erhobene Anfechtungsklage des Klägers rechtskräftig abgewiesen. Allerdings war der Kläger in der nachfolgenden streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung noch als Gesellschafter in der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen. Mit der Klage wandte er sich erfolgreich dagegen, dass die Stimmrechte aus dem eingezogenen Geschäftsanteil in dieser Folgeversammlung nicht berücksichtigt wurden.

Damit hat der Bundesgerichtshof die strittige Frage, ob die Regelung zur Gesellschafterliste auch für den Fall einer Einziehung von Geschäftsanteilen gilt, bejaht. Denn auch die Einziehung, obgleich sie die Vernichtung des betreffenden Geschäftsanteils zur Folge hat, führt zu einer Veränderung der Person bzw. des Umfangs der Beteiligung. Die Regelungen zur Gesellschafterliste dienen der Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und betreffen daher auch den Fall einer Anteilseinziehung.

Im vorliegenden Fall hatte der andere Gesellschafter die Versammlungsleitung unter Verstoß gegen die Satzung an sich gerissen. Nach der Entscheidung des BGH führt dieser Rechtsverstoß für sich genommen jedoch nicht zur Anfechtbarkeit der gefassten Gesellschafterbeschlüsse. Eine Anfechtbarkeit kommt nur dann in Betracht, wenn der Rechtsverstoß für die Beschlussfassung auch relevant war.

Wichtige Entscheidung für die Praxis im Gesellschaftsrecht

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes schafft Klarheit in Bezug auf die Reichweite der der gesetzlichen Bestimmungen zur Gesellschafterliste und die Frage der Versammlungsleitung.

Es ist also nicht damit getan, Gesellschafterbeschlüsse wirksam anzufechten oder eine Anfechtung abzuwehren. Es ist zudem und besonders darauf zu achten, die Gesellschafterliste unter Ausnutzung der entsprechenden rechtlichen Handlungsoptionen in seinem Sinne zu gestalten.

Die Leitung von Gesellschafterversammlungen bleibt wichtig für die Durchsetzung von Gesellschafterinteressen. Ein Rechtsverstoß in Bezug auf die Versammlungsleitung führt allerdings für sich genommen nicht zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen.