Immer wieder grüßt das Kopftuch

Berliner Arbeitsgericht bewilligt Entschädigung wegen Nichteinstellung

Veröffentlicht am: 13.02.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Berliner Arbeitsgericht bewilligt Entschädigung wegen Nichteinstellung

Ein Gastbeitrag von Fiona Schönbohm

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg reagiert in seinem neusten Urteil auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum rechtlichen Streit um Kopftücher am Arbeitsplatz. Die Diskussion um die Grenzen der Religionsfreiheit im Arbeitsrecht beschäftigt weiterhin nicht nur die deutsche Gerichtsbarkeit, sondern zahlreiche nationale Gerichte europaweit und den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Jetzt reagierte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg auf die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und sprach der Klägerin eine Entschädigung zu.

Nicht angestellt wegen muslimischen Kopftuches

Die Klägerin hatte sich als Lehrerin an einer Grundschule beworben und war abgelehnt worden, weil sie ein muslimisches Kopftuch im Unterricht hatte tragen wollen. Sie berief sich auf ihre Religionsfreiheit und ihr Recht auf Gleichbehandlung gemäß dem Berliner Neutralitätsgesetz. Im Hinblick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gaben die Richter ihr nun Recht und sprachen ihr für das Nichtzustandekommen eines Arbeitsvertrages eine Entschädigung in Höhe von 8.680 Euro zu.

Richtungsweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte vor wenigen Monaten entschieden, dass das Tragen eines muslimischen Kopftuches am Arbeitsplatz nicht generell verboten werden dürfe. Die Religionsfreiheit werde vom Grundgesetz geschützt und dürfe nicht pauschal eingeschränkt werden. Vielmehr müsse eine Einzelfallentscheidung getroffen werden. Der Arbeitgeber müsse nachweisen, dass ihm konkret Nachteile drohen. Nur dann kann eine Abwägung mit widerstreitenden Rechten des Arbeitgebers von Verfassungsrang vorgenommen werden. Eine konkrete Gefährdung habe das Land Berlin aber nicht vorgetragen.

Unter dem Damokles-Schwert des EuGH

Abzuwarten bleibt, ob die ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren sein wird. Dort klagte eine französische Softwaredesignerin, die trotz Kundenbeschwerden während der Arbeitszeit ein muslimisches Kopftuch tragen wollte. Der EuGH wird im Laufe des Jahres zu entscheiden haben, ob ihre Kündigung gegen das europäische Diskriminierungsverbot verstößt. Es wäre nicht das erste Mal, das der EuGH und das BVerfG sich in ihren Urteilssprüchen zum Teil scharfe Kritik am anderen nicht verkneifen können.

Rechtsunsicherheit vorprogrammiert?

Diese zwar im Ansatz richtige Entscheidung des BVerfG lässt zudem leider offen, unter welchen Bedingungen konkrete Gefährdungen für die Arbeitgeber zu bejahen sind. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedeutet dies weitere Unsicherheiten. Es ist zu erwarten, dass es mal wieder den Gerichten überlassen bleibt, die Konturen des Rechts herauszuarbeiten und unsere Gesellschaft zu positionieren in einer Grundsatzdiskussion, die in ihrer Tragweite arbeitsrechtliche Fragestellungen übertrifft.

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