Kassenbonpflicht zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung

Wirksames Instrument im Steuerstrafrecht oder Gefahr für die Umwelt?

Veröffentlicht am: 02.01.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wirksames Instrument im Steuerstrafrecht oder Gefahr für die Umwelt?

Ein Beitrag von Desiree Szitnick

Mit dem neuen Kassengesetz soll der Steuerbetrug im Handel und der Gastronomie bekämpft werden. Doch kurz vor dem Inkrafttreten des Gesetzes war doch noch ein Streit über die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbons zu entfacht. Nun streiten das Wirtschaftsministerium um Peter Altmaier und das Finanzministerium um die Ausgestaltung der Belegpflicht.

2020 bringt Neuregelung im Steuerrecht

Am 01.01.2020 ist das neue Kassengesetz in Kraft getreten. Die Bundesregierung hatte sich zum Ziel gemacht, Steuerhinterziehung durch beispielsweise manipulierte Ladenkassen zu bekämpfen. Eigentlich war die Neuregelung als Instrument des Steuerstrafrechts auch bereits beschlossene Sache.
Doch rund drei Wochen vor dem Inkrafttreten kritisierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) öffentlich die im Gesetz enthaltene Kassenbonpflicht. Diese sieht vor, bei jeder Transaktion in Geschäften oder Cafes einen Beleg auszugeben – ob der Kunde dies nun will oder nicht. So können das Kassensystem und die Bons miteinander abgeglichen werden. Durch Steuerbetrug im Handel oder Gastronomie gehen nach Schätzungen dem Fiskus pro Jahr rund zehn Milliarden Euro verloren.

Altmaier kritisiert den befürchteten erheblichen Mehraufwand an Bürokratie. Auch steigende Umweltbelastung führt Altmaier ins Feld. Die Bons würden „direkt im Müll landen“ so die Befürchtung des CDU-Politikers.

Sorge um vermehrte Umweltverschmutzung

Dabei ist die Masse an zusätzlichen Bons, die ab 2020 aufgrund des Gesetzes auf uns zukommen könnte, enorm. Allein die Handelskette Rewe rechnet mit 140.000 Kilometern zusätzlicher Kassenbons im Jahr. Da kann der Verbraucher dann noch so gründlich auf Plastiktüten verzichten, wenn ihm letztlich ungefragt ein Kassenbon in die Hände gedrückt wird. In Zeiten, in denen eigentlich versucht werden sollte, das bestehende Müllproblem zu verringern, machen wir uns mit einer Kassenbonpflicht ganz leicht neue Müllberge.

Aber nicht nur die Umwelt ist in Gefahr. Auch einige Händler fürchten mit der eingeführten Belegpflicht existenzbedrohende Mehrkosten. Um den Gesetzesvorgaben nachzukommen, müssen viele Händler ihre Kassensysteme umrüsten – verbunden mit hohen Kosten.

Ursprünglicher Gesetzesentwurf verändert

Doch warum regt sich erst jetzt Kritik gegen die Kassenbonpflicht? Der ursprüngliche Gesetzesentwurf von 2016 sah noch eine Belegpflicht auf Kundenwunsch vor. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde diese Regelung auf eine allgemeine Belegausgabepflicht ausgeweitet.

Den Bestrebungen des Finanzministeriums, Steuerbetrug künftig einzudämmen, stehen nun die Interessen des Wirtschaftsministeriums entgegen. Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Bundesfinanzminister Scholz stehen seither im Austausch. Die Umrüstung von Kassensystemen ist nun erst einmal auf Eis gelegt. Das Finanzministerium räumte Händlern ein, nicht bis zum Jahreswechsel, sondern bis Ende September 2020 eine Nachrüstung vorzunehmen. Die Bonpflicht gilt dennoch schon seit dem 01.01.2020.

Einvernehmliche Lösung in Sicht?

Wie so oft gibt es wohl auch beim Thema Kassenbonpflicht zwei Seiten der Medaille. In Zeiten, in denen die Umweltverschmutzung immer brisanter wird und in den Köpfen der Menschen ein besonderes Bewusstsein dafür aufgekommen ist, scheint es absurd, neuen kilometerlangen Müll zu produzieren. Die Kassenbonpflicht ist eine Entscheidung mit Doppelmoral, hat sich doch auch die große Koalition den Umweltschutz mittlerweile groß auf ihre Fahnen geschrieben. Wirtschaftsverbände und Unternehmen, die von Altmaier Steuerentlastungen und Bürokratieabbau fordern, kritisieren die Pläne ebenfalls.

Doch einige sehen in der Belegpflicht ein verhältnismäßiges Mittel, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen. So sieht es die SPD, die davon ausgeht, dass Hauptleidtragende der Kassenbonpflicht Steuersünder und nicht etwa die Umwelt oder der Einzelhandel wären. Der Staat dürfe sich nicht weiterhin Milliardensummen durch die Lappen gehen lassen. Die Bekämpfung von Steuerbetrug ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung.

Im Streit um die Kassenbonpflicht scheint in jedem Fall noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein.