Kündigungsgrund: Israelkritik

El Ghazi und Mainz 05 streiten vor dem Arbeitsgericht Mainz

Der Streit El Ghazi und Mainz 05 um die Wirksamkeit seiner Kündigung bleibt zunächst ergebnislos. Stattdessen soll zunächst ein Vergleichsversuch mit gerichtlicher Hilfe erfolgen.

Veröffentlicht am: 27.06.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Politische Äußerung können das Arbeitsverhältnis belasten - vor allem wenn sie über Social Media-Kanäle verbreitet werden. Die Arbeitsgerichte müssen sich immer wieder mit Kündigungen, die als Reaktion auf öffentliche und politische Aussagen von Arbeitnehmern folgen, beschäftigen.  Dass solche Fälle nicht immer ganz einfach zu entscheiden sind, zeigte ein Fall mit dem sich am 19.06.2024 das Arbeitsgericht Mainz (ArbG Mainz, Az. 10 ca 1411/23) beschäftigen musste. Der Fußballspieler Anwar El Ghazi äußerte sich seit dem Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober 2023, mehrfach auf seinen sozialen Netzwerken israelkritisch. Sein Verein FSV Mainz 05 reagiert darauf mit einer fristlosen Kündigung. El Ghazi lässt dies im Rahmen einer Kündigungsschutzklage gerichtlich überprüfen

El Ghazis Post wenige Tage nach Kriegsbeginn

Wohl einer der problematischsten Posts des Fußballspielers war eine Instagram Story acht Tage nach Kriegsbeginn. In dieser warf El Ghazi Israel unter anderem einen Genozid vor und beendete seinen Text mit der Parole „"From the River to the Sea, Palestine will be free“. Letztere wird in den sozialen Netzwerken unterschiedlich gedeutet. Während die Parole für einige einen Aufruf zur Vernichtung Israels bedeutet, sehen andere sie als Hoffnungsausdruck auf ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller.

Obwohl der Spieler den Post nach kurzer Zeit wieder löschte, folgte als Reaktion eine Freistellung El Ghazis vom Trainings- und Spielbetrieb. Gespräche des Fußballspielers mit den Vereinsverantwortlichen schlossen sich an. Nach den internen Gesprächen gab der Verein bekannt, El Ghazi zwar abgemahnt, die Suspendierung aber aufgehoben zu haben. El Ghazi habe seinen Beitrag bedauert und sich von den Aussagen distanziert. El Ghazi widersprach dieser Kundgabe des Vereins allerding auf Instagram nur wenige Tage später. Er bereue den Post nicht und distanziere sich auch nicht von seiner Position. Zwei Tage später: die fristlose Kündigung des Spielers.

Abmahnung oder keine Abmahnung

In der daraufhin vom Fußballprofi erhobenen Kündigungsschutzklage vor dem ArbG Mainz stellte sich die Frage, ob tatsächlich eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Würde das Vorliegen einer solchen bejaht werden, kann die Kündigung nicht mehr ihren Grund im Post von 15. Oktober finden. Denn dieser wäre dann durch die Abmahnung bereits beanstandet worden. Eine doppelte „Bestrafung“ ist nicht zulässig.

Allerdings machte die Richterin deutlich, dass es nicht auf das Vorliegen der Abmahnung ankomme. Denn selbst ohne diese könne die Kündigung nicht auf den Post gestützt werden. Eine außerordentliche Kündigung muss nach § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen ab Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen ausgesprochen werden. El Ghazi aber wurde erst am 03.11.2023 gekündigt und damit zu spät. Stattdessen komme nach Auffassung des ArbG Mainz nur El Ghazis "Nicht-Distanzierung" vom 01.11.2023 als Kündigungsgrund in Betracht.

Die Parteien sollen sich vergleichen

Dass beiderseitig keine Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses gewünscht wird, dürfte deutlich sein. Bereits im Vorfeld war abzusehen, dass es hauptsächlich um eine Abfindung und Gehaltsauszahlung geht. Der von El Ghazi geforderte Betrag beläuft sich auf 4,2 Millionen Euro. FSV Mainz 05 beruft sich allerdings weiterhin auf die Wirksamkeit der Kündigung und verweigert eine Zahlung in der Höhe. Obwohl eine Einigung angesichts der weit auseinanderliegenden Vorstellung kaum zu erwarten ist, wird das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Sollten sich die Parteien dann immer noch nicht einigen, wird am 12.07.2024 vom ArbG Mainz entschieden.

Grenze von privaten Aussagen

Erneut müssen die Grenzen vom Privat- und Berufsleben neu gezeichnet werden. Dass Privataussagen nicht immer privat sind, sollte bekannt sein. So kann aus solchen ein Kündigungsgrund resultieren, wenn dem Arbeitgeber daraus ein Schaden entsteht. Insbesondere Personen des öffentlichen Lebens, zu denen El Ghazi nun mal zählt, können sich nur in begrenzter Form auf die Privatsphäre im Rahmen ihrer Internetpräsenz berufen. Nichtsdestotrotz müssen auch "normale" Arbeitnehmer bestimmtes Auftreten überdenken. Die Schädigung des Arbeitgebers durch eine öffentliche Äußerung ist nämlich nicht zwingend an den Berühmtheitsgrad des Arbeitnehmers gebunden.