Steuerstundung bei Wegzug in die Schweiz

BZSt zur Wegzugsteuer (§ 6 AStG) bei Altfällen

Ein neues Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) hat die steuerlichen Folgen eines Wegzugs in die Schweiz für Altfälle, bis Ende 2021, unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer zinslosen Steuerstundung konkretisiert.

Veröffentlicht am: 13.10.2025
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Mit dem Schreiben vom 2. Juni 2025 hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils „Wächtler“ (C-581/17) vom 26. Februar 2019 und des BFH-Urteils vom 6. September 2023 (Az. I R 35/20) die Folgen eines Wegzugs in die Schweiz erläutert. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Voraussetzungen für eine Stundung der Wegzugsbesteuerung nach der alten Fassung des § 6 Außensteuergesetz (AStG).

EuGH: § 6 a.F. AStG nicht mit Unionsrecht vereinbar

Der Fall, mit dem sich der Europäische Gerichtshof 2019 beschäftigte, handelte von einem deutschen Steuerpflichtigen, der 2011 in die Schweiz verzog. Als das deutsche Finanzamt Wind davon bekam, wurde eine Wegzugsteuer gemäß der alten Fassung von § 6 AStG – die eine Steuerstundung nur für Wegzüge in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen anderen Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, vorsieht – festgesetzt.

Die Richter des EuGH waren der Auffassung, dass die damalige Fassung des § 6 AStG Steuerpflichtige, welche in einen Drittstaat (z.B. die Schweiz) auswandern, gegenüber Steuerpflichtigen, die einen Wegzug innerhalb des EU/EWR-Freizügigkeitsbereichs vornehmen, ungleich behandeln würde. Eine solche Ungleichbehandlung sei vor dem Hintergrund, dass es keine geeignete Stundungs- oder Abfederungsmöglichkeit für Wegzüge außerhalb der EU bzw. des EWR gebe, nicht verhältnismäßig. Damit liege ein Verstoß gegen Unionsrecht, insbesondere gegen die Grundsätze des Freizügigkeitsabkommens vor.

BFH: Dauerhafte und zinslose Stundung für Altfälle möglich

In einem Urteil von 2023 beschäftigte sich der Bundesfinanzhof mit der praktischen Umsetzung des vorangegangenen EuGH-Urteils in Bezug auf deutsche Sachverhalte. Die BFH-Richter bestätigten, dass bei einem Wegzug in die Schweiz die Wegzugsteuer nach § 6 AStG festgesetzt werden darf. 

Allerdings stellten sie auch klar, dass eine dauerhafte und zinslose Stundung der festgesetzten Steuer für Altfälle möglich sein muss, um in Einklang mit dem EU-Recht zu stehen. Altfälle sind alle Sachverhalte, die unter der bis 30. Juni 2021 geltenden Fassung des § 6 AStG beurteilt worden sind.

Für Steuerpflichtige, die einen Wegzug in die Schweiz planen, bedeutet das, dass sie nicht schlechter gestellt werden dürfen als Steuerpflichtige, die innerhalb der EU auswandern.

Steuerstundung: Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Auf Antrag können Steuerpflichtige bei einem Wegzug in die Schweiz eine unbefristete und zinslose Stundung der Wegzugssteuer erwirken. Dafür müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Deutsche, Schweizerische oder andere Europäische Staatsangehörigkeit

  • Wegzug vor dem 1. Januar 2022

  • Anwendbarkeit des Freizügigkeitsabkommen EU–Schweiz (z.B. wegen Erwerbstätigkeit in der Schweiz)

  • Nach Wegzug muss den Steuerpflichtigen eine Steuerpflicht treffen, die mit der deutschen Einkommensteuer vergleichbar ist

  • Kein Widerrufsgrund (z.B. Verlust der Staatsangehörigkeit, Übertragung von Anteilen, Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähr sowie die Verletzung von Mitwirkungspflichten)

Wichtig zu wissen ist auch, dass die Steuerstundung regelmäßig nur gewährt wird, wenn eine Sicherheitsleistung erbracht wird. Zuständig dafür ist das ehemalige Wohnsitz-Finanzamt des Steuerpflichtigen. 

Um nicht gegen Mitwirkungspflichten zu verstoßen, muss der Steuerpflichtige dem deutschen Finanzamt innerhalb eines Monats jeden Widerrufstatbestand preisgeben und jedes Jahr bis zum 31.01. die ausländische Anschrift bestätigen. Zusätzlich muss er einen Nachweis über die fortbestehende Anteilseigentümerschaft erbringen.

Rückkehrerregelung bei Wegzug – § 6 Abs. 3 AStG

Nach der alten Fassung des § 6 Abs. 3 AStG kann die Wegzugsteuer nach einem Wegzug in die Schweiz entfallen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von 5 Jahren wieder unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig wird – also zurückkehrt.

Auch nach der neuen Fassung des § 6 Abs. 3 AStG ist eine solche Rückkehrregelung vorgesehen: Die Wegzugsteuer entfällt dann rückwirkend, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von 7 Jahren wieder nach Deutschland zurückkehrt (Frist kann gegebenenfalls auf 12 Jahre verlängert werden).

Steuerstundung bei Weiterumzügen möglich?

Zieht der Steuerpflichtige erneut innerhalb der EU oder der Schweiz um, werden die Stundungsregelungen entsprechend angewandt. Ergänzend findet § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 AStG a. F. Anwendung.

Rückwirkende Stundung der Wegzugsteuer möglich?

Eine Steuerstundung kann dem Steuerpflichtigen auch noch rückwirkend zugutekommen, selbst wenn er die Wegzugsteuer schon gezahlt hat. Eine Ausnahme gilt für Situationen, in denen die Steuer zum Zeitpunkt des Antrags bereits zahlungsverjährt ist. Sollten sich darauf Erstattungsansprüche ergeben, findet ab dem Zeitpunkt des Vorliegens aller Voraussetzungen eine Verzinsung statt und bereits gezahlte Zinsen müssen zurückgezahlt werden.

Das damalige BMF-Schreiben vom 13. November 2019 (BStBl I S. 1212) wird mit diesem Schreiben aufgehoben.