Tina Turner gewinnt vor Gericht gegen Musical-Veranstalter!

Das LG Köln entscheidet zum Streit um ein Werbeplakat mit dem Tina Turner-Double Coco.

Veröffentlicht am: 23.01.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Eigentlich hat in dem Kölner Gerichtssaal gestern niemand so wirklich verloren. Für das deutsche Musical um die Lebensgeschichte von Tina Turner dürfte das Urteil nur weiter die willkommene Werbetrommel rühren. Für die Stars und Sternchen dieser Welt, die auch vor deutschen Gerichten zuletzt vermehrt ihre Rechte verteidigen (in stiller Andacht gedenken wir Harry und Meghan) dürfte die Entscheidung aber auch mehr Rechtsschutz bedeuten.

Ob es in der nächsten Instanz Bestand hätte, ist dagegen eine andere Frage. Doch langsam. Worum geht es überhaupt in dem Urteil? Im Folgenden beleuchten wir die rechtlichen Hintergründe und Auswirkungen der Tina Entscheidung. 

Simply the Best: Tina gegen Coco

Geklagt hatte Tina Turner gegen den deutschen Tourneeveranstalter Oliver Frost. Dieser bewirbt die Show des Tina Turner Doubles Dorothea „Coco“ Fletcher mit einem Werbeplakat, auf dem ein Foto des Doubles in einer typischen Tina Pose zu sehen ist.  Es trägt den Titel „Simply the Best – The Tina Turner Story“.

Die echte Tina Turner verlangte nun, das Plakat nicht weiter zu verwenden. Sie werde dadurch in ihren Rechten verletzt, weil Verwechslungsgefahr bestehe. Der Veranstalter berief sich vor allem darauf, dass eine Verwechslung bisher nie stattgefunden habe. Die Show wurde schon über hundert Mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt – noch nie habe sich jemand beschwert, nicht die echte Tina gesehen zu haben. Im Übrigen sei das Double halb so alt wie das Original. Tina feierte letztes Jahr ihren 80. Geburtstag.

Das Landgericht Köln gab ihr nun trotzdem Recht und verbot die weitere Verwendung des Plakats. Die Verwendung von Name und Foto in Kombination verletze die Rechte der Künstlerin.

Welche Rechte sind verletzt?

Das Recht am eigenen Namen wird von § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches geschützt. Das Recht am eigenen Bild ist dagegen in § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG) geregelt. Diese ist eine Schutznorm, die über § 823 und § 1004 BGB gegenüber anderen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründen kann.

Die Rechte sind eine Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Das Recht schützt den Einzelnen unter anderem davor, dass Bildnisse von ihm ungewollt verwendet oder veröffentlicht werden. Ausnahmen von dem grundsätzlichen Erfordernis der Einwilligung sind allerdings möglich (dazu sogleich). 

Schließlich kann man als berühmte Person auch eine Marke im deutschen Markenregister eintragen und den erzielten Gewinn aus den Bestimmungen des Markenrechts abschöpfen.

Sonderfall: Doubles von Prominenten

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Begriff „Bildnis“ in § 22 KUG weit auszulegen ist und darunter auch die Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person fällt, solange die Erkennbarkeit nur für einen mehr oder weniger großen Personenkreis gegeben ist. Das heißt: Selbst wenn  die Frau auf dem Plakat nicht Tina selbst ist, kann sie trotzdem in ihren Rechten verletzt sein, wenn ihr Double auf dem Bild eindeutig aussieht wie sie.

Dabei kommt es nicht einmal unbedingt auf die äußerliche Ähnlichkeit an. Auch die Nachbildung einer berühmten typischen Szene, die Kennzeichen des Promis ist, kann den Schutzbereich der Norm eröffnen. Eine Einwilligung ist dann grundsätzlich erforderlich.

Einschränkung durch Kunst und öffentliches Interesse

Allerdings muss stets eine Abwägung der gegenüberliegenden Interessen erfolgen. So greift eine Schranke in § 23 KUG dann, wenn die Allgemeinheit einen Informationsanspruch hat. Dann dürfen Berichte über Ereignisse der Zeitgeschichte auch ohne Einwilligung erfolgen.

Außerdem kann ein Eingriff gerechtfertigt sein, wenn der Gegner sich seinerseits auf die Kunstfreiheit aus Art. 5 GG berufen kann und diese im Einzelfall überwiegt. Ob das Doubeln Kunst ist, kann man natürlich so oder so sehen. Die Gerichte haben dafür aber mittlerweile eine recht klare Linie aufgestellt.

Ein Doppelgänger kann sich danach auf die Kunstfreiheit berufen, wenn er eine eigene schöpferische Leistung erbringt, welche über die bloße Nachahmung hinausgeht (z.B. Landgericht München). Der Bundesgerichtshof entschied in der berühmten „Marlene Dietrich“-Entscheidung, dass etwa bei Vermittlung von Informationen über die Lebensgeschichte eines Prominenten in Verbindung mit der Kunstfreiheit das öffentliche Interesse an der Information überwiegen kann.

Urteil: Zusatz erforderlich!

Die schriftliche Urteilsbegründung des LG Köln ist zwar noch nicht veröffentlicht. Aus der mündlichen Begründung bei der Urteilsverkündung geht aber hervor, dass das Gericht hier eine Verletzung aufgrund des Zusammenspiels von der Verwendung des Namens und des Bildes des Doubles in typischer Pose angenommen hat.

Zwar fallen, so das Urteil weiter, auch  Werbemaßnahmen für Konzerte unter die Kunstfreiheit. Diese müsse hier aber aufgrund des besonderen Eingriffs in Namens- und Bildrechte zurücktreten. Es hätte jedenfalls eines Zusatzes bedurft, dass es sich um ein Double handele.

Kritik: Vorrang der Kunstfreiheit?

Kann man das anders sehen? Aber sicherlich. Gerade in Anbetracht des hohen Alters des Originals erscheint eine Verwechslungsgefahr nicht hoch. Außerdem handelt das Musical doch – ähnlich wie in der Marlene Dietrich Entscheidung – von dem Leben Tinas. Hätte die Kunstfreiheit hier nicht den Vorrang haben müssen, auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an ihrer Person?

Zwar kann der beklagte Tourneeveranstalter noch in Berufung gehen. Ob er dies tun wird bleibt indes abzuwarten. Bereits vor der richterlichen Entscheidung hatte der Betroffene das Plakat mit dem Zusatz „Starring Dorothea ‚Coco‘ Fletcher“ versehen. In Anlehnung an den Hinweis des Gerichts gehe man davon aus, dass das Plakat jetzt jedenfalls weiter verwendet werden dürfe.