Tod auf Facebook - was dann?

Streit um den digitalen Nachlass

Veröffentlicht am: 13.06.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Streit um den digitalen Nachlass

Das Kammergericht Berlin entschied Anfang Juni 2017 in zweiter Instanz eine Rechtsfrage mit wachsender Bedeutung: Was geschieht mit den persönlichen Daten eines Verstorbenen, die dieser im Internet hinterlässt, nach seinem Ableben?

Geklagt hatte die Mutter auf Zugang zum Facebook-Account ihrer verstorbenen Tochter. Das Mädchen war von einem Zug erfasst worden. Der Lockführer erhob Schadenersatzansprüche gegen die Eltern. Diese erhofften sich, durch Zugriff auf die Nachrichten ihrer Tochter herauszufinden, ob und warum das Mädchen sich das Leben genommen hatte.

Vererbbarkeit persönlicher Daten strittig

Höchstrichterlich ungeklärt ist, ob die persönlichen Daten Verstorbener auf die Erben übergehen. Sofern der Erblasser nichts Abweichendes bestimmt hat, gehen grundsätzlich alle Rechten und Pflichten im Rahmen der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf den Erben über. Ob die Nachrichten und Inhalte auf Internetplattformen, insbesondere in Social Media-Portalen dazugehören, ist aber strittig.

Teilweise wird gefordert, zwischen wirtschaftlichen und höchstpersönlichen Rechtspositionen zu unterscheiden. Dass diese Unterscheidung in der Praxis häufig schwerfallen dürfte, zeigt aber gerade der vorliegende Fall beispielhaft. Nach anderer Meinung muss sich auch eine höchstpersönliche Rechtsposition jedenfalls im Eigentum des Verstorbenen Erblassers verkörpert haben. Die Kriterien hierfür bleiben aber unklar.

Schutz der Rechte Verstorbener

Das Kammergericht Berlin war der Meinung, es habe über die grundsätzliche Vererbbarkeit persönlicher Daten nicht zu entscheiden, da im vorliegenden Fall jedenfalls das Fernmeldegeheimnis dem Anspruch der Klägerin entgegenstehen. Dieses ist im Telekommunikationsgesetz geregelt, aber auch durch Artikel 10 des Grundgesetzes geschützt.

Das Fernmeldegeheimnis konstituiert eine Schutzpflicht des Staates. Da der Betroffene selbst keine Möglichkeit hat, die Weitergabe seiner Daten durch die Provider an Dritte zu verhindern, obliegt es dem Staat, ihn davor zu schützen. Dies gilt nicht nur für die Weitergabe von E-Mails, sondern nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) auch für Nachrichten in sozialen Netzwerken wie Facebook.

Ausnahme bei Sozialen Medien?

Das Telekommunikationsgesetz sieht zwar einen Zugriff in Ausnahmefällen vor. So etwa, wenn dies erforderlich sei, um den technischen Dienst aufrecht zu erhalten. Dies ist aber im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall. Vielmehr endet die Leistungserbringung an den Vertragspartner mit seinem Tod. Auch eine sonstige Ausnahme von dieser Schutzpflicht greife im vorliegenden Fall nicht, so das Kammergericht. Vor allem begründe weder das elterliche Sorgerecht der Eltern, noch das Persönlichkeitsrecht der Mutter einen Anspruch auf Zugang zu dem Account.

Nur bei einer Zustimmung aller Beteiligten sei ein Zugriff überhaupt denkbar. Hier lag aber eine Zustimmung von Seiten der Gesprächspartner der Verstorbenen nicht vor, so die Berliner Richter. Auch diese würden aber durch das Fernmeldegeheimnis geschützt. Sie verneinten damit ein Zugriffsrecht der Mutter. Ob diese Revision beim BGH beantragen wird, bleibt abzuwarten.

Das Urteil aus Berlin zeigt, dass Soziale Netzwerke und digitale Medien zwar keine rechtsfreien Räume sind, die Anwendbarkeit des geltenden Rechts hier jedoch häufig an ihre Grenzen stößt. Mit jedem neuen Urteil und jeder Gesetzesanpassung bildet sich daher erst Schritt für Schritt ein Social-Media-Recht oder auch Facebook-Recht heraus.