Vererbbarkeit eines Urlaubsanspruchs

EuGH-Entscheidung zur Schnittstelle Erbrecht/Arbeitsrecht

Veröffentlicht am: 21.11.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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EuGH-Entscheidung zur Schnittstelle Erbrecht/Arbeitsrecht

Ein Beitrag von Desiree Szitnick

Der EuGH hat in seiner jüngsten Entscheidung  (Urteil v. 06.11.2018; Az.: C-569/16 und C-570/16)  klargestellt, dass dem Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers gegen dessen Arbeitgeber ein Anspruch auf finanzielle Vergütung des nicht genommenen Jahresurlaub zusteht.

Deutsches Erbrecht: Urlaubsanspruch wird nicht Teil der Erbmasse

Ausgangspunkt der Entscheidung waren verschiedene Klagen vor deutschen Arbeitsgerichten. Schließlich landeten die Frage einer Vererbbarkeit des Urlaubsanspruches gegen den Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Dieses rief im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens den EuGH an und bat um Klärung des EU-Rechts zum Urlaubsanspruches von Arbeitnehmern.

Nach deutschen Arbeitsrecht und Erbrecht kann der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers gegens einen Arbeitgeber nicht Teil der Erbmasse werden und damit auch nicht vererbt werden, da der Sinn des Urlaubsanspruches, die Erholung des Arbeitnehmers, nach dessen Tod nicht mehr erfüllt werden könne.

EuGH erkennt Vergütungsanspruch der Erben an

Der EuGH hat sich nun klar gegen die deutschen Regelung zur Vererbbarkeit eines Urlaubsanspruches ausgesprochen. Zwar räumte auch der EuGH ein, dass die mit dem Urlaub bezweckte Erholungszeit nach dem Tod des Arbeitnehmers nicht mehr ihre Wirkung entfalten könne. Dies sei aber jedenfalls eben nur ein Aspekt des Urlaubsanspruches.
Daneben sei der Urlaubsanspruch Ausdruck des wesentlichen Grundsatzes des Sozialrechtes der Union.

Eng mit dem Anspruch auf bezahlten Urlaub verbunden sei damit auch der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub. Diese Komponente sei damit rein vermögensrechtlicher Natur, fließe somit in das Vermögen des Erblassers ein und könne damit in der Folge auch Teil der Erbmasse werden. Diese vermögensrechtliche Position soll nach Ansicht der Richter also gerade nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers entfallen. Damit könne im Ergebnis der Erbe eines Arbeitnehmers eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub verlangen.

Reperaturbedarf beim Zusammenspiel von Erbrecht und Arbeitsrecht

Im Ergebnis hat damit der EuGH die deutsche Regelung aus dem Arbeitsrecht in Verbindung mit deutschem Erbrecht für unvereinbar mit dem Unionsrecht erklärt. Erben hätten damit einen direkten Anspruch gegen den Arbeitgeber nach dem Unionsrecht. Die deutsche Regelung dagegen hat der EuGH für unanwendbar erklärt.