Verschenkte Immobilie zurückfordern?

Neues BGH-Urteil zum Schenkungswiderruf

Kommt nach der Schenkungswelle zur Erbschaftsteuervermeidung nun die Rückforderungswlelle wegen Undank?

Veröffentlicht am: 17.01.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
Lesedauer:

In den letzten Wochen des Jahres 2022 wurden massiv Immobilien an Kinder, Ehegatten etc. verschenkt. Ausgelöst wurde die Welle der Großzügigkeit durch die (in vielen Fällen unberechtigte) Angst vor steigenden Erbschaftsteuern zum Jahreswechsel. Selbstverständlich folgt nach jeder Schenkungswelle nach einiger Zeit auch die große Widerrufswelle, wenn viele Schenker bemerken, dass die Übertragung steuerlich unnötig, rechtlich nicht durchdacht und wirtschaftlich unsinnig war. Ach ja - und undankbar war der Beschenkte natürlich auch noch...

Zumindest zum letztgenannten Widerrufsgrund hat der Bundesgerichtshof kürzlich ein interessantes Urteil gefällt (BGH, 11.10.2022 - X ZR 42/20).

Widerruf muss begründet sein, aber nicht begründet werden

In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall ging es um Immobilienschenkungen. Insgesamt 14 Grundstücke hatte eine Frau in den 90ern ihrem Sohn und ihren zwei Töchtern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Mit dem Sohn kam es danach zum Zerwürfnis und zum Rechtsstreit im Zusammenhang mit den übertragenen Immobilien, den der Sohn verlor. Es ging um eine Nießbrauchs-Löschungsbewilligung und Pachtzahlungen. Die Mutter widerruf ihre Schenkung an den Sohn, verstarb aber dann, sodass die Schwestern des Beschenkten, als Erbinnen ihrer Mutter, den Rückforderungsanspruch weiter durchsetzten und damit bis zum BGH gingen.

Die Richter in Karlsruhe sahen den Widerrufsgrund des groben Undanks als gegeben an: Gemäß § 530 BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, "wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker ... groben Undanks schuldig macht." Gestritten wurde allerdings nicht nur darüber, ob ein Widerrufsgrund vorlag, sondern auch darüber, ob die Erklärung des Widerrufs hinreichend begründet wurde. Das hatte nämlich die Vorinstanz bemängelt. Der BGH vertrat nun jedoch die Ansicht, dass die Widerrufserklärung überhaupt keiner Begründung bedarf.

Den Grund für die Rückforderung der Schenkung erfährt man bei Gericht

Die Richter in Karlsruhe stützten sich bei ihrer Entscheidung auf den Wortlaut des § 531 Absatz 1 BGB: "Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten". Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass der beschenkte Sohn hier sehr genau wusste, warum die Schenkung widerrufen wurde. Dass man dann vor Gericht über die Voraussetzungen des groben Undanks debattierte, war für ihn wohl keine Überraschung, nachdem er den Rechtsstreit im Zusammenhang mit den geschenkten Grundstücken verloren hatte.

Man muss sich aber trotzdem fragen, ob es vielleicht auch Fälle gibt, in denen der Beschenkte aus allen Wolken fällt, wenn er den Widerruf im Briefkasten findet. Der BGH verweist dann schlicht darauf, dass ja spätestens im Rückforderungsprozess die Gründe für die Rückgängigmachung auf den Tisch kommen. Besonders lebensnah erscheint diese Argumentation nicht.