Kein Erbe für Veltins-Sohn

Finanzierte Pflichtteilsklage scheitert vor Gericht

Wer enterbt wurde, kann mit einem Prozessfinanzierer risikofrei den Pflichtteil einklagen. Zu lange warten sollte man damit aber nicht.

Veröffentlicht am: 06.06.2025
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Der Erbstreit in der Brauereifamilie Veltins ist - zumindest in der ersten Runde - entschieden. Der enterbte Sohn Carl Clemens scheiterte gestern mit seiner Pflichtteilsklage vor dem Landgericht Arnsberg. Das segnete sowohl das Testament der Mutter als auch den Pflichtteilsverzicht des Sohnes ab.

Testamentarische Enterbung besteht vor Gericht

Nach Auffassung des heute 63-jährigen Veltins-Abkömmlings war schon seine Enterbung als Kind im Testament der Mutter sittenwidrig und damit ungültig. Außerdem sei die Mutter aufgrund einer Krankheit und Wesensveränderung nicht mehr testierfähig im Sinne des § 2229 BGB gewesen. 

Diese Attacken auf das Testament dürften allerdings kaum mehr als Nebelkerzen gewesen sein, da die Anforderungen sowohl an eine Sittenwidrigkeit als auch an eine Testierunfähigkeit sehr hoch sind und dazu kaum belastbares vorgetragen wurde. Grund für die Enterbung durch die Mutter war übrigens offenbar der nachvollziehbare Wunsch, dass Carls Clemens als „schwarzes Schaf der Familie“ in der Unternehmensnachfolge des Familienbetriebs aus dem Sauerland keine Rolle spielen sollte. 

Fragwürdiger Pflichtteilsverzicht sittenwidrig?

Damit war klar, dass es im Streit “nur” um den Pflichtteil des enterbten Carl Clemens ging. Auf den hatte er allerdings an seinem 18. Geburtstag verzichtet. Nach seiner Erinnerung wurde er jedoch damals nach einer “durchzechten Nacht” von seiner Mutter überrumpelt ("Aufstehen, Clemens, wir müssen zum Notar").

Und tatsächlich spricht die Schilderung des enterbten Sohnes grundsätzlich für eine Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzichts. Gerade die Begleitumstände müssen nämlich berücksichtigt werden, wenn ein Gericht die Wirksamkeit eines Verzichts prüft. Allerdings konnte das Gericht diese Frage umschiffen, da sie aufgrund der Verjährung der Ansprüche nicht entscheidend sei.

Ansprüche längst verjährt

Die Frist für die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen beträgt regelmäßig 3 Jahre. Der Tod der Mutter lag bei der Klage auf den Pflichtteil jedoch schon etwa 30 Jahre zurück. Dass Carl Clemens zunächst womöglich gar nicht bewusst war, dass er einen Pflichtteil einklagen kann, half ihm in dem Erbstreit nicht. Die Verjährungsfrist beginnt jedenfalls schon dann, wenn der Enterbte vom Erbfall und seiner Enterbung erfährt. 

Als Grund dafür, dass er all die Jahre den Pflichtteil nicht vor Gericht hat geltend gemacht, nannte der Enterbte die fehlenden finanziellen Mittel für so einen Prozess: “Das ist ja ein teures Ding.”

“Gute Freunde” als Prozessfinanzierer

Der WDR berichtete von einem Streitwert in Höhe 30 Millionen Euro und knapp 400.000 Gerichtskosten, die bei der Pflichtteilsklage erst mal vorgeschossen werden müssen und auf denen man im Falle des Unterliegens dann auch sitzen bleibt. Und die eigenen und gegnerischen Anwaltskosten kommen noch hinzu. Das war für den Veltins-Spross, der heute vom Bürgergeld in Berlin lebt, nicht zu stemmen. Erst als ihm “gute Freunde” finanzielle Unterstützung gewährten, habe er den Gang vor Gericht gewagt, um den Pflichtteil gegenüber den erbenden Familienmitgliedern durchzusetzen. In der medialen Berichterstattung wird gemutmaßt, dass es sich bei den Unterstützern nicht um Personen aus dem privaten Umfeld handelt, sondern um gewerbliche Prozessfinanzierer.

Keine Angst vor Enterbung!

Ob hier tatsächlich ein solcher Prozessfinanzierer in der Aussicht auf eine schöne Erfolgsbeteiligung eingesprungen ist, erscheint aber durchaus fraglich. Professionelle Anbieter übernehmen schließlich nur Fälle mit hinreichenden Erfolgsaussichten. Und zumindest das Thema Verjährung sprach hier recht eindeutig gegen einen erfolgreichen Prozessausgang. 

Der Fall zeigt aber, dass Enterbte durchaus Möglichkeiten haben, am Erbe zu partizipieren. Häufig ist der Pflichtteil für die Betroffenen sogar unterm Strich attraktiver, da man mit ihm relativ schnell zu Geld kommt, statt sich in einer Erbengemeinschaft mit feindlichen Familienmitgliedern zu streiten. Und auch ein unüberlegter Verzicht auf den Pflichtteil muss nicht das Ende bedeuten. Denn diese Verträge werden nicht selten unter so fragwürdigen Umständen geschlossen, dass eine Sittenwidrigkeit nahe liegt. Man muss sich also nur um einen Prozessfinanzierer innerhalb der Verjährungsfrist bemühen.