Vorsorgevollmacht kann Testament nicht ersetzen

Erbstreit wäre durch Testament mal wieder zu verhindern gewesen

Dass der letzte Wille stets in einem Testament festgehalten werden sollte, zeigt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Wuppertal.

Veröffentlicht am: 06.06.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht
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Erst kürzlich berichteten wir über einen Fall, in welchem Erben nur deshalb in einen Rechtsstreit verwickelt wurden, weil ein Erblasser seinen letzten Willen nur mündlich gegenüber allen Beteiligten geäußert hatte statt diesen in einem Testament festzuhalten. Das Landgericht Wuppertal hatte sich in einer aktuellen Entscheidung vom 6. März 2023 (2 O 128/22) nun auch mit einem Fall zu beschäftigen, in welchem die Erblasserin ihren letzten Willen gegenüber allen Beteiligten nur mündlich geäußert hatte und zudem die Beteiligten mit über den Tod hinaus wirkenden Generalvollmachten ausgestattet hatte. Der gute Wille der Erblasserin endete für alle Beteiligten in einem kostspieligen Rechtsstreit.

Erblasserin formulierte letzten Willen mündlich  

Die Erblasserin verstarb im Jahr 2019 und hinterließ drei Kinder: Zwei Töchter und einen in der USA lebenden Sohn. Zu Lebzeiten hatte sie ihren beiden Töchtern und zwei weiteren nahestehenden Personen gegenüber erklärt, dass ihr Wille ist, dass ihr Vermögen nach ihrem Tod unter den benannten vier Personen aufgeteilt werden soll. Der in der USA lebende Sohn sollte nach ihrer Aussage nichts bekommen.

Trotz dieses eindeutigen Willens verfasste die Erblasserin kein Testament. Vielmehr ließ sie lediglich zugunsten der beiden weiteren nahestehenden Personen notarielle Vorsorgevollmachten errichten, die über den Tod hinaus wirkten. Die beiden hierdurch Bevollmächtigten sollten sich hierdurch ihren „Erbteil“ nach dem Ableben der Erblasserin einfach selbst auszahlen.  

Töchter waren mit Aufteilung der Erbmasse zunächst einverstanden

Nach dem Tod der Erblasserin kümmerte sich eine der Bevollmächtigten um die Beerdigung. Anschließend verständigte sie sich mit den beiden Töchtern der Erblasserin darauf, dass sie das Vermögen der Erblasserin mithilfe ihrer Vollmacht, wie zu Lebzeiten mit der Erblasserin besprochen, auf die beiden Töchter und die beiden Bevollmächtigten zu gleichen Teilen aufteilen werde. Gemeinsam entschieden die hieran Beteiligten, dass der in der USA lebende Sohn auch beteiligt werden solle, sodass die gut 40.000 Euro zunächst auf 5 Personen aufgeteilt wurden.

Tochter klage auf Rückzahlung des verteilten Erbteils

Nach Aufteilung des vorhandenen Barvermögens entschied sich eine der Töchter um und verklagte die Bevollmächtigte auf Rückzahlung der erhaltenden Erbmasse. Das Landgericht Wuppertal gab der Tochter recht. Die Bevollmächtigte wurde zur Rückzahlung des aus dem Nachlass erhaltenen Geldbetrages verpflichtet.

Das Landgericht Wuppertal begründete seine Entscheidung wie folgt:  Zwar hatte die Erblasserin zu Lebzeiten mündlich eine Schenkung über jeweils ¼ der Erbmasse zugunsten der beiden Bevollmächtigten erklärt. Dieses Schenkungsversprechen hätte aber gem. § 518 Abs. 1 BGB notariell beurkundet werden müssen, damit es nach dem Tod auch noch wirksam ist. Zwar können grundsätzlich Schenkungsverträge, die nicht notariell beurkundet worden sind, gem. § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden, sobald die Schenkung bewirkt wird. Die Erblasserin konnte nach ihrem Tod die Schenkung allerdings nicht mehr selbst bewirken, sie hätte die Schenkung daher in der Form, welche für Testamente gilt, erklären müssen. Die mündlichen Absprachen zu Lebzeiten hatten daher keinen Bestand.

Testament hätte Rechtsstreit verhindert

Es handelt sich hier um einen weiteren Fall, der zeigt, wie wichtig es gerade für diejenigen, die durch einen Erbfall begünstigt werden sollen, sein kann, dass der Erblasser ein Testament errichtet. Die Erblasserin, die den beiden Bevollmächtigten wohl nur etwas Gutes tun wollte, hat diese durch die versäumte Nachfolgeplanung in Rechtsstreitigkeiten geführt, welche die Bevollmächtigten am Ende nur erhebliche Kosten und Mühen gekostet und keinerlei Vorteile gebracht hat. Durch ein einfaches und kostenloses handschriftliches Testament wäre all dies zu verhindern gewesen.