Wenn's die Erben mit der Wahrheit nicht so genau nehmen

Schwarzgeld erben, Steuern nachzahlen!

Veröffentlicht am: 23.04.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Schwarzgeld erben, Steuern nachzahlen!

Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht

Das Finanzgericht München (Urteil vom 26.07.2019, Az. 6 K 3189/17) hat jüngst durch eine extensive Auslegung der Abgabenordnung die Verjährungsfristen für steuerrechtliche und strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung im Erbfall angeglichen – mit erheblichen finanziellen Folgen für Erben, die eine Nachzahlung vermeiden wollen. Wir stellen Ihnen Inhalt und Bedeutung des Urteils im Überblick vor.

Handlungspflichten des oder der Erben

Stellen Erben fest, dass sich Schwarzgeld im Nachlass befindet,  sich der Erblasser also nicht steuerehrlich verhalten und Steuern hinterzogen hat, müssen sie handeln. Diese Verpflichtung folgt aus § 153 Abgabenordnung (AO), wonach "unverzüglich ...die erforderliche Richtigstellung" gegenüber dem zuständigen Finanzamt vorzunehmen ist.

Verhalten sich die Erben gesetzeskonform, kommen ihren Pflichten als Erben nach und legen die Steuerversäumnisse des Erblassers durch Abgabe entsprechender steuerlicher Nacherklärungen offen, führen diese "Richtigstellungen" in aller Regel zu erhebllichen Steuernachforderungen des Fiskus auch für lange zurückliegende Veranlagungszeiträume.

Steuerliche Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung: 10 Jahre

Eine Forderung auch für lange zurückliegende Zeiträume ist aufgrund der so genannten Festsetzungsfrist in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO möglich, die im Fall einer Steuerhinterziehung 10 Jahre beträgt. Das Gesetz passt also die steuerrechtliche Verjährungsfrist, die eigentlich 4 Jahre beträgt, an die die strafrechtliche Verjährungsfrist von 10 Jahren an.

Dies bedeutet, dass das Finanzamt bei Steuerhinterziehungen bis zu 10 Jahre in die Vergangenheit Steuernachforderungen erheben kann. Die Einzelheiten regelt § 170 AO. Derartige Nachforderungen sind naturgemäß teuer und schmälern die Erbschaft in aller Regel erheblich.

Strafbarkeit der Erben nur bei Unterlassen der Berichtigung gem. § 153 AO

Kommen die Erben ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Offenbarung von Steuerstraftaten des Erblassers nach und ermöglichen so die nachträgliche Steuerveranlagung, ist ihnen in strafrechtlicher Hinsicht selbstverständlich nichts vorzuwerfen. Für die Steuerhinterziehung des Erblassers sind sie nicht verantwortlich. 

Unterlassen die Erben jedoch die gesetzlich gebotene Berichtigung unvollständiger oder unrichtiger Steuererklärungen des Erblassers oder holen sie unterlassene Steuererklärungen des Erblassers nicht nach, machen sie sich selbst strafbar.

Folgen: Jahrzehntelange Steuernachforderungen

Zusätzlich zur eigenen Strafbarkeit beim Unterlassen der Berichtigung müssen sich Erben vergegenwärtigen, dass durch ihre eigenen steuerlichen Versäumnisse die 10-jährige Festsetzungsverjährungsfrist für die nachträglichen Steuern des Erblassers ganz erheblich verlängert wird. Dies liegt an der gesetzlichen Hemmung der Verjährungsfrist (Ablaufhemmung) gemäß § 171 Abs. 7 AO. Hierüber hatte jüngst auch das FG München zu entscheiden(Entscheidung des FG München vom 26.07.2019, Az. 6 K 3189/17; vgl. auch die Anmerkung von Söffing, steueranwaltsmagazin 2020, 39 ff.).

In diesem Fall ging es -in aller Kürze- um die oben geschilderte Situation, dass nämlich die Erben die jahrzehntelang vom Erblasser verheimlichen zusätzlichen Einkünfte aus eine Stiftung -Kapitalerträge- auch nicht unverzüglich nach deren Entdeckung dem Finanzamt offenbarten und die entsprechenden Steuererklärungen nachholten.

Konkret ging es um Steuerhinterziehungen des Erblassers ab dem Jahr 1995, der Erbfall trat 2007 ein, im Dezember 2014 erstatteten die Erben eine steuerliche Selbstanzeige, die zu geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre ab 1995 am 31.12.2016 führten. In Bezug auf die Verjährungsfristen stellte das Finanzgericht fest, dass die 10-jährige Feststetzungsfrist für 1995 aufgrund der Abgabe der Steuererklärung für 1995 im Jahr 1997 sodann im Jahr des Erbfalles 2007 noch nicht abgelaufen war. Das Finanzgericht nahm ferner an, dass die Steuerstraftat der Erben -Unterlassung der Berichtigungserklärungen, die die Erben nach dem Erbfall im Jahr 2007 hätten abgeben müssen- erstens gemäß § 171 Abs. 7 AO den Ablauf der Steuerfeststetzungsverjährung im Hinblick auf diese Tat der Erben hemmt und zweitens ergänzend auch den Ablauf der Verjährungsfristen für alle Steuerhinterziehungen des Erblassers hemmt.

Mit der Erstreckung der Ablaufhemmung auf die Steuernachforderungen aufgrund der Taten des Erblassers hatten die Erben nicht gerechnet. Das Finanzgericht München begründet diese extensive Auslegung des § 171 Abs. 7 AO mit dessen Zweck (Sicherstellung des Gleichlaufes zwischen Straf- und Steuerverjährung): Gerade auch im Fall der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund des Erbfalles und bei eigenen nachlassbezogenen Steuerstraftaten der Erben müsse sichergestellt werden, dass sich strafrechtliche und steuerrechtliche Verjährung entsprechen.

Unsere Empfehlung für die Praxis

Das Finanzgericht München ließ im Urteil die Revision zu, das Revisionsverfahren ist vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zum dortigen Aktenzeichen VIII R 26/19 anhängig. Wir glauben aber nicht, dass der BFH zu einer abweichenden Rechtsauffassung gelangen wird.

Im Ergebnis ist allen Erben zu raten, Ihren steuerlichen Verpflichtungen im Hinblick auf etwaige Steuerverfehlungen des Erblassers so wie gesetzlich vorgesehen nachzukommen. Unsere Fachanwälte für Erb- und Steuerrecht und unsere Steuerberater stehen Ihnen bundesweit an unseren Standorten in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München zur Verfügung.