Arzt darf Erbe sein

Erbeinsetzung im Testament nicht unwirksam

Es ist grundsätzlich zulässig, den eigenen behandelnden Arzt im Testament zu begünstigen. Ärzte sollten bei der Annahme von Erbschaften oder anderen Zuwendungen trotzdem wachsam sein, damit sie nicht gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen und insbesondere die kurzen Ausschlagungsfristen beachten.

Veröffentlicht am: 31.01.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Erbrecht in Hamburg
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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in einem Beschwerdeverfahren vom 21.12.2023 (21 W 91/23) zu entscheiden, ob die Einsetzung eines behandelnden Hausarztes zum Erben unwirksam gewesen ist. Das Gericht hat sich in diesem Zusammenhang umfangreich mit der Frage auseinandergesetzt, inwiefern berufsrechtliche Vorschriften einer Erbeinsetzung entgegenstehen. Da die Frage bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, hat das Oberlandesgericht auch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Hausarzt als Erbe eingesetzt

Die Erblasserin verstarb im Jahr 2022 kinderlos und verwitwet. Sie hinterließ lediglich entfernte Verwandte, zu denen  zu Lebzeiten kein enges Verhältnis bestand. Durch handschriftliches Testament aus dem Jahr 2021 hatte die Erblasserin insgesamt 5 nahestehende Personen zu ihren Erben eingesetzt. Einer von ihnen war der Hausarzt der Erblasserin, welcher sie bereits seit 1997 hausärztlich betreut hatte und welcher inzwischen zu einer engen Vertrauensperson der Erblasserin geworden war.  

§ 32 BO-Ä könnte Erbeinsetzung entgegenstehen

Nach dem Tod der Erblasserin machte einer der weiteren Erben im Erbscheinsverfahren gerichtlich geltend, dass die Einsetzung des Hausarztes zum Erben unwirksam sei. Zur Begründung stützte sich dieser in erster Linie auf § 32 Abs. 1 der landesrechtlichen Berufsordnung für Ärzte. Dort heißt es nämlich:  

„Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.“

Das Oberlandesgericht hat in seinem Beschluss bewusst die Frage offengelassen, ob der besagte Hausarzt überhaupt gegen § 32 Abs. 1 BO-Ä verstoßen hat, etwa weil der Eindruck entstanden sei, dass seine Unabhängigkeit seiner ärztlichen Entscheidung aufgrund der Einsetzung zum Erben beeinflusst worden sei. Vielmehr beschäftigte sich das Gericht mit der grundsätzlichen Fragestellung, ob ein Verstoß durch einen Arzt gegen § 32 BO-Ä überhaupt dazu führen kann, dass seine Einsetzung zum Erben nichtig ist.

Testierfreiheit gem. Art. 14 Grundgesetz hat Vorrang

Das Oberlandesgericht kommt zu dem Ergebnis, dass selbst ein Verstoß durch einen Arzt gegen § 32 BO-Ä zumindest nicht dazu führen kann, dass seine Begünstigung in einem Testament unwirksam ist. Das Gericht äußert sich eindeutig dahingehend, dass eine solche Rechtsfolge die Testierfreiheit eines Testierenden, welche über Art. 14 Grundgesetz gewährleistet wird, unangemessen einschränken würde. Die einschlägigen Vorschriften in der Berufsordnung für Ärzte sollen zwar sicherstellen, dass ärztliche Entscheidungen allein aufgrund medizinischer Erwägungen getroffen werden und nicht etwa von finanziellen Interessen abhängig gemacht werden. Trotzdem würden sich die berufsrechtlichen Vorschriften nur an die Ärzte und nicht etwa an Testierende wenden. Diese sollen daher die Freiheit haben, auch den eigenen behandelnden Arzt im eigenen Testament zu begünstigen.

Was heißt das nun für betroffene Ärzte?

Ärzte, welche in einem Testament zum Erben bestimmt werden oder andere Begünstigungen erhalten, müssen trotzdem wachsam sein.  Auch wenn die Begünstigung im Testament zivilrechtlich nicht nichtig ist, drohen bei Verstößen gegen die berufsrechtlichen Vorschriften möglicherweise empfindliche berufsrechtliche Maßnahmen durch die jeweilige Ärztekammer oder sogar strafrechtliche Folgen. Zu bedenken ist auch, dass eine Erbschaft grundsätzlich nur innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis von dieser ausgeschlagen werden kann. Hier kann daher eine schnelle Prüfung erforderlich sein, ob die Annahme der Erbschaft mit den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften in der Berufsordnung für Ärzte vereinbar ist oder ob dieAnnahme der Erbschaft Risiken birgt. Eine schnelle Beratung kann hier helfen. Abzuwarten bleibt allerdings auch, ob und inwiefern sich der Bundesgerichtshof zu der aufgeworfen Frage äußern wird.