„Cum-Ex“-Strafbarkeit von Scholz und Tschentscher?

Fehlender Anfangsverdacht für Beihilfe zur Steuerhinterziehung

Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht für eine Beihilfe der Politik im Cum-Ex-Skandal.

Veröffentlicht am: 22.12.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater
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Bundeskanzler Olaf Scholz und Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher können erst mal durchatmen. Wie gestern bekannt wurde, hat nach der Staatsanwaltschaft Hamburg hat nun auch die Staatsanwaltschaft Köln auf die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen die SPD-Parteigenossen verzichtet.

Die Cum-Ex-Gestaltungen waren Straftaten. Die Banker und Anwälte die das nicht wahrhaben wollten (und deshalb zum Teil schon hinter Gittern sitzen), wurden diesbezüglich von Landgerichten, dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht eines Besseren belehrt.

Die schützende Hand der Politik?

Anfang 2022 holte der Skandal die Hamburger Politik ein. Rechtsanwalt Gerhard Strate, eine bekannte Größe im Steuerstrafrecht erstattete Strafanzeige gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher. Der Vorwurf: Beihilfe zur Steuerhinterziehung und falsche uneidliche Aussage. Es geht um Entscheidungen der Hamburger Steuerbehörden zugunsten der Warburg Bank. Nach einem Treffen von Scholz mit Mitinhabern der Geldhauses, hatte das Finanzamt auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet.

Sowohl der Bundeskanzler als auch sein Nachfolger im Hamburger Rathaus stritten die Vorwürfe ab. Sie hätten keinen Einfluss genommen auf die behördlichen Entscheidungen.

Kein Anfangsverdacht für eine Beihilfe

In der Regel werden in Deutschland Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung oder auch anlässlich einer Selbstanzeige des Steuerbetrügers eingeleitet. Selbstverständlich ist aber auch eine Anzeige durch Dritte, wie hier durch Rechtsanwalt Strate, möglich. So eine Anzeige einer Steuerhinterziehung kann übrigens nicht nur gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft erfolgen. Auch die Anzeige beim Finanzamt ist möglich – sogar online und anonym.

Die nächste Hürde bei der Strafverfolgung ist dann der Anfangsverdacht, der im Fall von Scholz und Tschentscher ja nach Ansicht der Behörden nicht vorlag. Beim Anfangsverdacht handelt es sich um einen einfachen Verdacht (im Gegensatz zum „hinreichenden“ oder „dringenden“ Tatverdacht. Voraussetzung für den Anfangsverdacht sind zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat.

Gehilfe haftet wie Täter

Vorliegend kam es aber nicht auf die Frage an, ob die Cum-Ex-Geschäfte Straftaten sind, sondern, ob eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung der angezeigten Politiker in Betracht kommt. Bestraft wird nämlich nicht nur der Täter selbst, sondern auch derjenige, der als Gehilfe an der Straftat eines anderen mitwirkt. Der Gehilfe haftet übrigens gemäß § 71 AO ebenso wie der Steuerhinterzieher selbst für die hinterzogene Steuer.