Der Testamentsvollstrecker und das Nachlassverzeichnis

Drohende Entlassung bei Fehlern und Verspätungen

Veröffentlicht am: 01.04.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Drohende Entlassung bei Fehlern und Verspätungen

Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht

Die Erstellung des Nachlassverzeichnisses durch den Testamentsvollstrecker ist eine seiner so genannten Kardinalpflichten. Fehler und Verspätungen in diesem Zusammenhang gelten als grobe Pflichtverletzung und können die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach sich ziehen.

Das Nachlassverzeichnis als Kontrollinstrument,…

Die gravierende Rechtsfolge der Entlassung rechtfertigt sich klar aus dem Gesetzeszweck. Das Gesetz gibt den Erben mit dem Nachlassverzeichnis ein wesentliches Kontrollinstrument über die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers an die Hand. Der Testamentsvollstrecker ist allein und unter Ausschluss des Erben über alle Nachlassgegenstände verfügungsbefugt, §§ 2205, 2211 Abs. 1 BGB. Nur wenn der Erbe auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verzeichnisses weiß, welchen Bestand der Nachlass im Zeitpunkt der Amtsannahme durch den Testamentsvollstrecker hatte, kann er die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers wirksam kontrollieren.

…das unverzüglich nach Amtsannahme erstellt werden muss

Das Gesetz verpflichtet den Testamentsvollstrecker in § 2215 Abs. 1 BGB dazu,

„…dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amtes ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen …“  

In der Praxis ist nicht selten festzustellen, dass Testamentsvollstrecker die irrige Auffassung vertreten, erst nach Erhalt des Testamentsvollstreckerzeugnisses tätig werden und auch erst dann das Nachlassverzeichnis erstellen zu müssen.

Diesem weit verbreiteten Irrglauben ist das OLG Celle in einer jüngst von uns erwirkten Entscheidung entgegengetreten (OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2019, 6 W 6/18, nicht veröffentlicht). Auch in diesem Fall ging der Testamentsvollstrecker davon aus, dass er mit der Verzeichniserstellung zuwarten dürfe, bis ihm das Nachlassgericht das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt hat. Mit dieser Begründung verweigerte der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses und auch die Erfüllung von Vermächtnissen, obwohl er bereits die Annahme des Amtes erklärt hatte. Außerdem verfügte der Testamentsvollstrecker in unserem Fall über Bankvollmachten, die ihm die Erblasserin zu Lebzeiten erteilt hatte.

Der Testamentsvollstrecker muss alle Erkenntnisquellen nutzen

Das OLG Celle stellte klar, dass der Testamentsvollstrecker verpflichtet ist, alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen, um den Nachlassbestand zu erforschen. Insbesondere wenn Bankvollmachten zugunsten des Testamentsvollstreckers bestehen, muss er diese zur Informationsbeschaffung (und auch zur Erfüllung von Vermächtnissen) nutzen. Die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist hierfür irrelevant. 

Die Nichterstellung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wertete das OLG Celle sodann als grobe Pflichtwidrigkeit und wies das zuständige Nachlassgericht an, den Testamentsvollstrecker zu entlassen.

Das „kleine Testamentsvollstreckerzeugnis“: Nachweis über die Amtsannahme

Weitgehend unbekannt ist die Möglichkeit, dass sich der Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht eine Bestätigung über seine Amtsannahme erteilen lassen kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 11.07.2016, 34 Wx 144/16). Verfügt der Testamentsvollstrecker sodann über Vollmachten wie auch über die Bestätigung seiner Amtsannahme, steht der Einholung von Auskünften über den Nachlassbestand regelmäßig nichts im Wege. Unverzügliches Handeln ist geboten, anderenfalls droht die Entlassung.