Einsichtsrecht in Nachlassakte für Erbenermittler?

Urteil zum berechtigten Interesse von gewerblichen Erbensuchern

Veröffentlicht am: 02.12.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Urteil zum berechtigten Interesse von Erbenermittlern

Ein Beitrag von Rechtsanwältin Sybill Offergeld

Daten sind in Deutschland geschützt. Das gilt selbstverständlich auch für Daten von Verstorbenen. Und noch selbstverständlicher gilt dies für Daten, die sich in gerichtlichen Akten befinden – so zum Beispiel die Nachlassakte.

Im Gesetz ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen Einsicht in eine Nachlassakte gewährt wird. Alle, die am Erbfall Beteiliget im Sinne des Gesetzes sind, steht ein Einsichtsrecht zu. Andere Personen müssen ein sog. berechtigtes Interesse glaubhaft machen.

Unbekannte Erben – ein fall für den gewerblichen Erbenermittler

So war es im zugrunde liegenden Fall, das zunächst vom Amtsgericht Mitte in Berlin entschieden wurde. Da nach einem Todesfall nicht alle Erben bekannt waren, wurde eine öffentliche Aufforderung erlassen. Hierauf haben unbekannte Erben die Möglichkeit, ein Erbrecht anzumelden. Es meldete sich – wie sehr oft in diesen Fällen - ein gewerblicher Erbenermittler  und beantragte Akteneinsicht in die Nachlassakte, die ihm vom Amtsgericht gewährt wurde.

Gegen diese Entscheidung legte ein Beteiligter Beschwerde ein, sodass der Fall dem nächsthöheren Gericht, dem Kammergericht, vorgelegt wurde. Dieses entschied, dass der Erbenermittler kein Einsichtsrecht habe, das „berechtigte Interesse“ wurde ihm abgesprochen (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 11.6.2019 – Az. 19 W 46/19).

Konsequente Entscheidung

Der Senat des Kammergerichtes folgt in dieser Entscheidung insoweit der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wonach es das Interesse an der Sammlung von Daten und deren wirtschaftlicher Verwertung nicht rechtfertigt, Einblick in persönliche Verhältnisse zu gewähren, die in einem gerichtlichen Verfahren offenbart werden.

Das berufliche Interesse eines Erbenermittlers genügt nur dann, wenn es durch den Auftrag eines Berechtigten– z.B. eines Nachlasspflegers – legitimiert ist. So lag der Fall hier aber gerade nicht.

Auf wessen Interesse kommt es an?

Das heißt, ein Erbenermittler, der nur aus eigenem wirtschaftlichem Interesse die Einsicht begehrt, darf die Akte nicht einsehen. Anders liegt der Fall, wenn der Erbenermittler von einem Beteiligten der Erbschaft beauftragt wurde.

Dazu gehören etwa andere Erben, Pflichtteilsberechtigte – also ein vielleicht enterbter nahen Angehörigen – oder ein sogenannten vom Gericht bestellten Nachlasspfleger, der sich in amtlicher Stellung um den Nachlass kümmert, bis Erben bekannt werden. Wenn eine solche Person den Erbenermittler beauftragt hat, so gilt deren Interesse, das ein Einsichtsrecht begründet.

Wegweiser für die Zukunft

Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts war also aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, den selbstständigen Erbenermittlern kein Akteneinsichtsrecht zu bewilligen.

Das Kammergericht hat nun dem pauschalen Verlangen von gewerblichen Erbenermittlern, Akteneinsicht in Nachlassakten zu nehmen, einen Riegel vorgeschoben. Erbenermittler müssen ihr Akteneinsichtsrecht von einem dazu Befugten ableiten, ein originäres Recht steht ihnen hierfür nicht zu.