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Erbschaft nach früherem Lebenspartner trotz neuer Ehe

Erbeinsetzung nicht anfechtbar, wenn Partnerschaft wegen Demenz nicht mehr möglich war

Die Erbeinsetzung eines ehemaligen Lebenspartners ist nicht immer anfechtbar, auch wenn dieser Lebenspartner beim Erbfall bereits neu verheiratet ist. Dies zeigt ein aktueller Beschluss vom Oberlandesgericht Oldenburg.

Veröffentlicht am: 28.10.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin für Erbrecht in Hamburg
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Wenn ein Erblasser seinen Lebenspartner zu seinem Erben einsetzt, dann ist diese Erbeinsetzung häufig nach dem Tod anfechtbar, sofern die Lebenspartnerschaft zum Zeitpunkt des Todes gar nicht mehr bestand. Dass dies aber nicht immer gilt, zeigt ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG Oldenburg – 3 W 55/22). Das Gericht hielt die Erbeinsetzung des ehemaligen Lebenspartners hier nicht für anfechtbar, da es der Ansicht war, dass die Partnerschaft nur aufgrund der Demenz des Erblassers auseinandergegangen war.

Tochter hatte Erbeinsetzung des ehemaligen Lebenspartners angefochten  

Der Erblasser lebte für einen langen Zeitraum in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Durch Testament setzte er seinen Lebenspartner und seine Tochter aus früherer Ehe zu seinen Erben zu gleichen Teilen ein.

Zuletzt litt der Erblasser an einer fortschreitenden Demenzerkrankung, sodass er ihretwegen im letzten halben Jahr vor seinem Tod in einer Einrichtung betreut wurde. Der als Erbe eingesetzte Lebenspartner ging schon in dieser Zeit eine neue Lebenspartnerschaft ein und heiratete diesen neuen Lebenspartner.

Nach dem Tod des Erblassers focht die Tochter die Erbeinsetzung des inzwischen anderweitig verheirateten ehemaligen Lebenspartners an. Sie begründete dies damit, dass Ihr Vater seinen ehemaligen Lebensgefährten nicht zu seinem Erben bestimmt hätte, wenn er damals schon gewusst hätte, dass er bei seinem Tod eine neue Partnerschaft haben wird bzw. sogar anderweitig verheiratet sein wird.

Motivirrtum des Erblassers nicht sicher feststellbar

Das Gericht hatte sich bei diesem Fall mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein sogenannter Motivirrtum des Erblassers der Tochter das Recht gebe, die Erbeinsetzung des ehemaligen Lebenspartners anzufechten. Grundsätzlich sind Testamente oder Teile von Testamenten gem. § 2078 Abs. 2 BGB nach dem Tod des Erblassers anfechtbar, wenn festgestellt wird, soweit der Erblasser zu der Verfügung „durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands bestimmt worden ist“. Für diesen Fall bedeutet das: Wäre das Gericht zu dem Entschluss gekommen, dass der Erblasser seinen ehemaligen Partner nur deshalb zu seinem Erben bestimmt hatte, weil er fest davon ausgegangen war, dass die Partnerschaft bis zum Tod bestehe und der Lebenspartner ihn auch im Falle einer Erkrankung bis zum Tod pflegen werde, dann hätte das Testament wirksam angefochten werden können.

Genau hiervon war das Gericht allerdings nicht ausgegangen. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die Partnerschaft nur aufgrund der fortschreitenden Demenz auseinandergegangen war, eine Partnerschaft aufgrund des Schweregrads sogar gar nicht mehr möglich gewesen sei. In diesem Falle könne man nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Erblasser anders testiert hätte, wenn er von diesem Umstand schon zuvor gewusst hätte. Einen solchen Willen hätte der Erblasser deutlich zum Ausdruck bringen müssen, was vorliegend aber nicht geschehen war.

Letzter Wille sollte immer deutlich formuliert werden

Ein für die Tochter des Erblassers ernüchterndes Ergebnis, die sich nun die Erbschaft Ihres Vaters mit jemandem teilen muss, der sich schon längst einem anderen Menschen zugewandt hat. Wie so häufig bei erbrechtlichen Angelegenheiten liegt das Problem des Falles in dem Umstand, dass man den Erblasser eben nicht mehr fragen kann, was er gewollt hätte, wenn er von der neuen Heirat seines Lebensgefährten gewusst hätte. Trotzdem ist gut möglich, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage seine Tochter zur Alleinerbin gemacht hätte, nur ist dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr eindeutig genug feststellbar. Solche Erbstreitigkeiten können nicht selten aber dadurch vermieden werden, indem Erblasser Ihren letzten Willen klar und ausführlicher in Ihrem Testament niederlegen. Hätte sich der Erblasser mehr Gedanken gemacht oder sich besser beraten lassen, hätte er vielleicht in seinem Testament direkt geregelt, welche Erbfolge gilt, wenn die Beziehung zu seinem Lebensgefährten beim Tod keinen Bestand mehr hat.  

Mehr Informationen zur Anfechtung von Testamenten erhalten Sie hier: Testament anfechten