EU setzt gleichen Lohn für Frauen durch

Neues Gesetz für Gleichbehandlung im Arbeitsrecht

Die EU einigt sich auf eine Richtlinie, um das Recht auf gleiches Entgelt für Frauen im Arbeitsrecht durchzusetzen.

Veröffentlicht am: 21.12.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg & Berlin
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Der Rat der EU und das Euopäische Parlament haben sich vergangene Woche auf ein Gesetz zur Beseitigung des geschlechterspezifischen Lohngefälles geeinigt (Mitteilung des EU Rates vom 15.12.22). Was ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen jetzt wissen müssen.

Lohngefälle und Benachteiligung bei Spitzenpositionen

Wer als junge Frau im Berufsleben steht, bekommt in jedem Personalgespräch ganz deutlich zu spüren: Gleichberechtigung am Arbeitsplatz ist auch in Deutschland weiterhin eine Illusion. Obwohl rechtlich die Voraussetzungen für eine Gleichbehandlung gegeben sind, sieht die Praxis leider anders aus: Frauen verdienen in der EU im Durchschnitt 13% weniger pro Stunde als Männer. In Deutschland sind es sogar 18% (Stand 2021).

Insbesondere in Spitzenpositionen und auf Führungsebene sind Frauen zudem deutlich unterrepräsentiert. Unter Verweis auf etwaig anstehende Familienplanung in der Zukunft werden jungen Frauen auch heute noch Führungspositionen oft verwehrt – und das ganz offen oder unter vorgehaltener Hand. Sie müssen sich Rechte erkämpfen, die männlichen Kollegen ohne weiteres angeboten werden – und werden dafür nicht etwa respektiert, sondern oft als zu fordernd empfunden.

Neue Rechte: Entschädigungsansprüche und Klagerechte

Das neue EU-Gesetz soll Frauen nun die reale Möglichkeit schaffen, ihre Rechte in der Praxis auch durchzusetzen. Dafür hat die EU sich auf einen Katalog an Pflichten für Arbeitgeber geeinigt. Darüber hinaus sollen Beschäftigte einen Entschädigungsanspruch bekommen, wenn gegen diese Pflichten verstoßen wird.

Zudem haben Verbände wie Gleichstellungsgremien und ArbeitnehmervertreterInnen nunmehr die Möglichkeit, im Namen einzelner oder mehrerer Beschäftigter zu handeln, um deren Rechte durchzusetzen.

Bestehendes Recht auf gleiches Entgelt & Gleichbehandlungsgesetz

Zum Schutz von Diskriminierung ist rechtlich ein Schutzschirm auf mehreren Ebenen eingerichtet: Die Diskriminierung von Frauen ist völkerrechtlich, unionsrechtlich, verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich verankert – im Arbeitsrecht unter anderem auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Auf Ebene der EU ist das Recht auf gleiches Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit im Römischen Vertrag verankert und in diversen Rechtstexten näher ausgestaltet – dazu soll nun auch bald das neue Entgeltgesetz gehören.

Objektive Lohnkriterien durchsetzen

Der Entwurf sieht vor, dass ArbeitgeberInnen objektive und geschlechtsneutralen Kriterien aufstellen müssen, die sie für die Festlegung des Lohns und mögliche Lohnerhöhungen anwenden und ihren Mitarbeitern zugänglich machen. ArbeitgeberInnen müssen zudem zukünftigen Beschäftigten die bisherigen Lohnhöhen oder -spannen mitteilen.

Beschäftigte haben zudem das Recht, Informationen über die nach Geschlecht aufgeschlüsselte durchschnittliche Lohnhöhe anderer Beschäftigter zu erfragen.

ArbeitgeberInnen mit über 100 Beschäftigten sollen zudem Informationen zum Lohngefälle in ihrem Unternehmen zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten bereitstellen und an eine zuständige nationale Behörde weitergeben und regelmäßig updaten.

Gesetzgebungsverfahren & Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht

Der Vorschlag für diese Richtlinie wurde bereits im März 2021 vorgelegt, die nun erzielte Einigung kam in der bereits fünften Verhandlungsrunde zustande. Nunmehr müssen die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten die Einigung billigen. Daraufhin durchläuft das Gesetz dann das Annahmeverfahren in Rat und Europäischem Parlament.

Die endlich erzielte Einigung ist begrüßenswert und eine Umsetzung und entsprechende Regelung im nationalen Recht ist auch im deutschen Arbeitsrecht überfällig und dringend notwendig. Es bleibt zu hoffen, dass eine entsprechende Umsetzung nicht noch zwei weitere Jahre in Anspruch nehmen wird, sondern die Realität für Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt endlich ihren rechtlichen Ansprüchen entspricht. Das dürfte auch für Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels eine Chance sein, die sie endlich begreifen dürfen. Dass das im Jahr 2022 überhaupt noch gesagt werden muss, ist peinlich genug.