Grabbeigabe als Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers?

Vollstrecker soll wegen Schmuck im Sarg entlassen werden

Nicht jeder unfähige Testamentsvollstrecker kann aus dem Amt geworfen werden. Für die Entlassung bedarf es einer groben Pflichtverletzung. Was das konkret bedeutet, liegt in der Hand der Rechtsprechung.

Veröffentlicht am: 01.07.2024
Qualifikation: Rechtsanwältin
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Das Amt des Testamentsvollstreckers ist vielfältig und rechtlich komplex. Kommt es zum Streit zwischen dem Vollstrecker und den Erben, bemühen sich diese häufig um die Entlassung des Testamentsvollstreckers. Hierfür bedarf es eine grobe Pflichtverletzung. Ob diese vorliegt, wenn der Vollstrecker Schmuck als Grabbeilage verwendet, die der Verstorbene im Testament einem Vermächtnisnehmer zugewendet hat, musste das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entscheiden (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 14.12.2023 - 21 W 120/23).

Berliner Testament mit Vermächtnissen

In dem Fall hatte sich ein Ehepaar mit einem sogenannten Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben eingesetzt und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden. Gleichzeitig wurden einzelne Nachlasswerte per Vermächtnis den Kindern zugewendet. Eine Tochter sollte dabei den Schmuck der Mutter bekommen. Im Testament fand sich auch eine Regelung, dass der Längerlebende sowohl eine Testamentsvollstreckung anordnen als auch die Vermächtnisse noch abändern durfte.

Nachdem der Vater verstorben war, nutzte die Mutter die Möglichkeit, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Die Wahl fiel dabei auf den Sohn. Als die Mutter verstarb, nahm dieser das Amt an und in diesem Zusammenhang auch den Schmuck an sich. Hierzu gehörte eine Goldkette, an der die Eheringe der Eltern angebracht waren. Kette und Ringe wurden vom Testamentsvollstrecker bei der Beerdigung mit in den Sarg gelegt, was er so auch im Nachlassverzeichnis vermerkte.

Schwester will Bruder als Testamentsvollstrecker entlassen

Die Schwester, die im Testament als Vermächtnisnehmerin für den Schmuck eingetragen war, war über diese Vorgehensweise so irritiert, dass sie beim Nachlassgericht die Entlassung ihres Bruders als Testamentsvollstrecker beantragte. Die Goldkette haben einen Wert von 5.000 Euro gehabt und habe einen wesentlichen Nachlasswert ausgemacht. Außerdem habe der Bruder die Beisetzung der Mutter im Alleingang organisiert und eine unfaire Aufteilung des Nachlasses vorgeschlagen. All das habe das Vertrauensverhältnis des Testamentsvollstreckers zu den anderen Erben zerstört.

Der Bruder wehrte sich gegen den Vorwurf der groben Pflichtverletzung. Die Mutter habe ihm kurz vor dem Tod den Wunsch mitgeteilt, dass die Goldkette mit in den Sarg solle. Dass die Kette 5.000 Euro wert sei und seine Vorschläge zur Aufteilung des Nachlasses unausgewogen seien, bestritt der Testamentsvollstrecker. Das Nachlassgericht folgte dem und wies den Antrag der Geschwister auf Entlassung zurück.

OLG sieht keine grobe Pflichtverletzung

Da mit der Entscheidung des Nachlassgerichts nicht alle Beteiligten glücklich waren, landete der Fall schließlich beim OLG Frankfurt. Das Gericht sah in dem Wunsch der Mutter einen verbindlichen Auftrag, dem der Testamentsvollstrecker nachkommen durfte, indem er sich über seine Pflicht als Testamentsvollstrecker hinweg setzte. Damit scheide eine Entlassung des Vollstreckers aus wichtigem Grund gemäß § 2227 BGB aus. Es läge weder eine grobe Pflichtverletzung vor, noch sei der Testamentsvollstrecker unfähig, die Geschäfte ordnungsgemäß zu führen.

Hohe Hürden für die Entlassung des Vollstreckers

Eine Erbengemeinschaft mit Geschwistern ist für sich genommen schon sehr konfliktträchtig. In solchen Fällen ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zwar gut gemeint, führt häufig aber tatsächlich zu weitem Streitpotenzial, insbesondere, wenn eines der Geschwister zum Vollstrecker ernannt wurde. Der Fall zeigt, wie schwierig es für Erben ist, einen Testamentsvollstrecker aus dem Amt zu drängen. Im vorliegenden Fall reichte die Behauptung, dass die Erblasserin kurz vor ihrem Tod einen entsprechenden Wunsch geäußert hatte. Da das Nachlassgericht nicht mit Sicherheit ausschließen konnte, dass dieser Wunsch tatsächlich so geäußert wurde, entschied es gegen die anderen Miterben, die natürlich nichts anderes beweisen konnten.