Hat Ihr Betriebsrat eigentlich Facebook?

Mitspracherecht bei Social Media

Veröffentlicht am: 03.02.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Mitspracherechte bei Social-Media

Ein Gastbeitrag von Fiona Schönbohm

Wie steht es um die Rechte des Betriebsrates, wenn es um neue Medien und Internetpräsenz geht? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) weist mit seiner Entscheidung den Weg in eine moderne Zukunft.  

Haben Mitarbeiter ein Beteiligungsrecht hinsichtlich des Auftritts des Unternehmens in sozialen Netzwerken? Muss der Betriebsrat dem öffentlichen Erscheinen des Arbeitgebers zustimmen? Der erste Senat des Bundesarbeitsgerichts bejahte dies jüngst unter der Prämisse, dass der Betrieb der Seite geeignet ist, das Arbeitsverhalten zu beeinflussen.  

Damit stärkt das oberste Gericht, das traditionell den Arbeitnehmern wohlgesonnene Entscheidungen trifft, weiter die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter. Bei der zunehmenden Bedeutung des Internets für Werbung und Image-Prägung eines Unternehmens kann dem Urteil eine wegweisende Richtung kaum abgesprochen werden.  

Kommentarfunktion für Besucher – Bewertung der Arbeitsleistung?  

Geklagt hatte der Betriebsrat eines Transfusionszentrums. Dieses hatte seine Seite auf Facebook genutzt, um auf bevorstehende Veranstaltungen hinzuweisen und für die Abgabe von Blutspenden zu werben. Besucher der Seite konnten weiterhin eine Kommentarfunktion nutzen und sich in ein Gästebuch eintragen. Die Seite wurde von etwa zehn Mitarbeitern gepflegt, denen ein Leitfaden Grundsätze und Umstände der Darstellung vorgegeben waren.  

Erfahrungsberichte der Blutspender betrafen teilweise auch das Verhalten der Mitarbeiter. Als ein Besucher kommentierte, der ihn behandelnde Angestellte des Zentrums habe lange gebraucht, um mit der Nadel die richtige Ader zu finden, äußerten die ersten Mitarbeiter Bedenken. Das Unternehmen verweigerte aber das vom Betriebsrat geforderte Mitspracherecht. Dieser erhob Klage vor dem Arbeitsgericht in Düsseldorf.  

Zustimmungspflicht im betrieblichen Zusammenleben  

Ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates kommt konkret unter zwei Aspekten in Betracht. Einerseits sieht § 87 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht dann vor, wenn das betriebliche Verhalten der Arbeitnehmer betroffen ist. Mitbestimmungspflichtig ist die Regelung von Ordnungsverhalten, etwa durch Rauchverbote oder Uniformzwang. Leistungsverhalten dagegen darf der Arbeitnehmer verständlicherweise ohne Zustimmung der Arbeitnehmer regeln.   

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf lehnte das Begehren der Kläger zunächst ab. Insbesondere liege in der Anweisung zur Pflege der Facebook-Seite die Regelung von mitbestimmungsfreiem Leistungsverhalten.  

Überwachung der Arbeitnehmer durch Bewertung?  

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht ein Mitspracherecht des Betriebsrates weiterhin aber auch dann, wenn das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer durch technische Einrichtungen überwacht werden. Darunter fallen klassischerweise Stempeluhren, Zugangskontrollen oder protokollierte Arbeitszeiten, aber auch Videokameras in Fluren oder Aufenthaltsräumen. Das LAG Düsseldorf hatte betont, dass die Überwachung automatisiert und durch die technische Einrichtung selbst erfolgen müsse. Dies sei bei einer freigeschalteten Kommentarfunktion nicht der Fall. Vielmehr bewerte das Feedback der Kunden die Mitarbeiter nur indirekt.  

Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil. Die Richter legen den Begriff der technischen Einrichtung dabei im weitesten Wortsinne aus. Bei unmittelbarer Veröffentlichung der Besucherbeiträge auf der Facebookseite erfolgten diese quasi automatisiert. Sie seien diese durchaus geeignet, das Verhalten der Arbeitnehmer zu beeinflussen. Das BAG gab dem Betriebsrat Recht und untersagte eine Fortführung der Kommentarfunktion ohne vorherige Einigung.  

Steigende Bedeutung von Facebook im Arbeitsrecht  

Zwar ist einerseits schwer nachvollziehbar, warum zwischen Kundenbeschwerden auf direktem und medialem Wege unterschieden werden sollte. Betrachtet man aber die wachsende Anzahl von Gerichtsentscheidungen um und zu Facebook-Beiträgen, muss man dem BAG Recht geben. Die Gerichte scheinen allgemein bemüht, der illusorischen Rechtsfreiheit im Internet entgegenzuwirken.

Einerseits sind fehlbare Äußerungen der Mitarbeiter selbst durchaus geeignete Kündigungsgründe. Dann aber dürfen Mitspracherechte des Betriebsrates auch nicht verkürzt werden, wenn es darum geht, Kunden eine leicht zugängliche Feedback-Plattform zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung des Gerichts favorisiert die Waffengleichheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Arbeitsrecht in der Zukunft.  

Die sicher nicht für jeden nachvollziehbare Begründung des Bundesarbeitsgerichts zeigt auch, dass wir vom Gesetzgeber in Zukunft noch einige Rechtssicherheit stiftende Neuregelungen im Bereich des Social-Media-Rechts erwarten sollten.

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