Kündigung von Auszubildenden

Scherz begründet Kündigungsgrund

Veröffentlicht am: 09.12.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht

In Ausbildungsverhältnissen steht der Erziehungscharakter im Vordergrund. Daher verschärft das BBiG das Azubi-Arbeitsrecht in mehreren Punkten zugunsten der Lernenden. So sieht das Gesetz unter anderem vor, dass ein Auszubildender nur aus wichtigem Grund gekündigt werden darf. Die Anforderungen an einen solchen Grund sind hoch.

Häufig wird das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht bezeichnet. Dies kommt nicht von ungefähr. Zahlreiche Vorschriften schützen den sozial abhängigen Arbeitnehmer vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers. Noch stärker als Arbeitnehmer schützt das Gesetz Auszubildende. So regelt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) unter anderem, dass ein Ausbildungsverhältnis nur aus wichtigem Grund beendet werden darf. Damit ist die Kündigung eines Auszubildenden an hohe Anforderungen geknüpft. Dies zeigt auch ein aktuelles Verfahren des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Az. 3 SLa 346/25).

Doch nicht so lustig

Ein 18-Jähriger machte eine Ausbildung in einem Stahlunternehmen. Dort lernte er unter anderem in einer Schulung den Umgang mit gefährlichen Stoffen und die Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz kennen. Aus dieser Schulung nahm der Auszubildende wohl seine Idee für den nächsten Scherz mit. Nur wenige Wochen später kippte er einen Fettlöser in die Flasche eines Mitauszubildenden. Dieser bemerkte die Aktion und ließ die Flasche daher unberührt auf der Werkbank stehen. Als die Auszubildenden gemeinsam in die Mittagspause gingen, trank allerdings ein weiterer Kollege aus der Flasche. Dieser bemerkte den komischen Geschmack und spuckte die Flüssigkeit aus.

Während der Mitauszubildende eine Abmahnung erhielt, kündigte der Arbeitgeber dem 18-Jährigen, nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats, fristlos. Der Auszubildende wollte die arbeitsrechtliche Maßnahme jedoch nicht akzeptieren und erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung.

Wenigstens grobe Pflichtverletzung

Mit der Wirksamkeit der Kündigung mussten sich gleich zwei arbeitsrechtliche Instanzen beschäftigen. Nachdem das Arbeitsgericht Duisburg die Kündigungsschutzklage abgewiesen hatte (AG Duisburg, Urteil vom 04.06.2025, Az. 4 Ca 280/25), endete das Verfahren vor dem LAG Düsseldorf schließlich in einem Vergleich.

Die Richter des LAG machten deutlich, dass bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung die Besonderheiten der Ausbildungssituation berücksichtigt werden müssen. In solchen Fällen gehe es in der Regel um besonders junge und charakterlich noch nicht gefestigte Auszubildende, weshalb der Erziehungscharakter der Berufsausbildung im Vordergrund stehe. Dennoch sprächen einige Umstände für die Wirksamkeit der Kündigung. So bestand das Ausbildungsverhältnis erst seit wenigen Wochen. Außerdem handele es sich um eine grobe Pflichtverletzung. Allerdings müsse ermittelt werden, ob es dem 18-Jährigen auf die Schädigung eines Kollegen ankam oder ob ihm eine mögliche Schädigung zumindest gleichgültig war.

Letzteres konnte jedoch nicht hinreichend aufgeklärt werden. Der gekündigte Auszubildende erschien trotz mehrfacher Kontaktversuche nicht zum Verfahren. Gerade als die Kammer das Verfahren vertagen wollte, schlossen die Prozessvertreter einen Vergleich.

Kurzlebigkeit von Arbeitsrechtsstreitigkeiten

Dass das Verfahren um den Auszubildenden in einem Vergleich endete, ist kein Sonderfall. Über 60 % der arbeitsrechtlichen Verfahren enden in Deutschland mit einem Vergleich. Der Grund liegt primär im grundsätzlich bestehenden Trennungsinteresse aller Parteien. Wenn die Arbeitsvertragsparteien im Streit auseinandergegangen sind, ist weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer an einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses interessiert. Eben diese Fortführung wäre jedoch die Konsequenz einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage.

Um dieses Ergebnis zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, eine einvernehmliche Lösung zu finden. So konnte der Arbeitgeber den Streit mit dem Auszubildenden durch die Zahlung von drei Monatsgehältern beenden. Der Auszubildende hatte bereits eine neue Ausbildungsstelle gefunden.

Autor Autor Christian Normann, Fachanwalt für Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht
Christian NormannFachanwalt für Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht Autorenprofil