Schwarzgeld beim Sonntagsbraten

Prozesslüge führt zur Kündigung

In einem aktuellen Verfahren hatte sich das LAG Rheinland-Pfalz umfassend mit sämtlichen Aspekten der Streitigkeiten über die Überstundenvergütung sowie mit dem Vorwurf einer möglichen Prozesslüge auseinanderzusetzen. Das Gericht entschied dabei, dass Letztere einen wirksamen Kündigungsgrund darstellen kann.

Veröffentlicht am: 10.10.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Die Frage der Überstunden ist regelmäßig ein sensibles Thema zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Um Konflikte zu vermeiden, sollten die Arbeitsvertragsparteien konkrete Vereinbarungen zum Umgang mit Überstunden treffen. Dabei sollte insbesondere die Vergütung nicht außer Betracht bleiben. Ist diese nicht hinreichend konkret geregelt oder wird sie nicht nachvollziehbar geleistet, können schnell Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen, die ebenso rasch ihren Weg vor die Arbeitsgerichte finden. Mit all den Facetten eines solchen Konflikts musste sich kürzlich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz befassen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.03.2025 – 2 SLa 253/24).

Auf und Ab im Verfahren

Der 60-jährige Arbeitnehmer war zehn Jahre lang als Lkw-Fahrer bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Seine regelmäßige Arbeitszeit betrug acht Stunden pro Arbeitstag. Zwischen Januar und August 2023 leistete er darüber hinaus insgesamt 572 Überstunden.

Im November 2023 klagte der Lkw-Fahrer auf Zahlung der Vergütung für sämtliche Überstunden. Der Einwand der Arbeitgeberin, sie habe die Überstunden bar bezahlt, überzeugte das Arbeitsgericht mangels entsprechender Nachweise nicht. Es verurteilte die Arbeitgeberin daher zur Zahlung von 8.500 €. Gegen dieses Urteil legte die Arbeitgeberin Berufung ein und kündigte zugleich das Arbeitsverhältnis mit dem Lkw-Fahrer ordentlich. Dieser erhob Kündigungsschutzklage.

Obwohl über die Berufung gegen das Zahlungsurteil noch in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden war, hatte sich auch das LAG Rheinland-Pfalz im Rahmen der Kündigungsschutzklage erneut mit der Frage der Überstundenvergütung zu befassen. Denn nur wenn die Arbeitgeberin die Überstunden tatsächlich bezahlt hatte, konnte sie dem Arbeitnehmer wegen einer Prozesstäuschung kündigen.

Zeugen beim Sonntagsessen

Auch das LAG Rheinland-Pfalz musste feststellen, dass die Überstundenvergütung nur schwer nachvollziehbar war. Die Arbeitgeberin trug auch in diesem Verfahren vor, sie habe die Überstunden absprachegemäß jeweils am ersten Sonntag des Folgemonats in bar bezahlt. Zu diesem Zweck sei der Lkw-Fahrer zu ihrem Elternhaus gekommen und habe ihr seinen handgeschriebenen Überstundenzettel übergeben. Auf Belege habe sie bewusst verzichtet und den Überstundenzettel anschließend vernichtet.

Diese Darstellung konnte letztlich durch mehrere Zeugenaussagen bestätigt werden. Der Ehemann der Arbeitgeberin, der gemeinsame Sohn sowie eine Tante, welche allesamt im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt sind, traten als Zeugen auf. Vor Gericht entstand dadurch das Bild eines sonntäglichen Familienessens im Haus der Arbeitgeberin, bei dem auch die Bezahlung der Überstunden erfolgte.

Zusätzlich stützten vorgelegte WhatsApp-Nachrichten dieses Vorgehen. Mehrfach war in diesen von Zahlungen im Rahmen des Familienessens die Rede. 

Damit habe der Arbeitnehmer im vorausgegangenen Prozess über die Überstundenvergütung bewusst die Unwahrheit gesagt und so in erheblicher Weise seine vertragliche Rücksichtnahmepflicht verletzt. Dies stelle einen hinreichenden Kündigungsgrund dar.

Dokumentation des Arbeitgebers

Die Arbeitgeberin erklärte vor Gericht, sie habe sich nur deshalb auf Schwarzgeldzahlungen eingelassen, weil sie auf die Arbeitskraft der Lkw-Fahrer angewiesen sei. Auch wenn eine gewisse Abhängigkeit von Arbeitnehmern in manchen Branchen tatsächlichen bestehen dürfte, sollten Unternehmer niemals auf eine nachvollziehbare Dokumentation von Zahlungen verzichten.

Wenig überraschend hat das Berufungsgericht angesichts der Feststellungen des LAG Rheinland-Pfalz im Kündigungsschutzverfahren dann auch die erstinstanzliche Entscheidung bzgl. der Zahlung von Überstundenvergütung aufgehoben.