JAMEDA MUSS UNGEWOLLTES ARZT-PROFIL LÖSCHEN

Aktuelle Entscheidung des BGH stärkt Datenschutzrecht auf Bewertungsportalen

Veröffentlicht am: 21.02.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Aktuelle Entscheidung des BGH stärkt Datenschutzrecht auf Bewertungsportalen

Ein Beitrag von Thomas Repka

Der Bundesgerichtshof gab einer Ärztin aus Köln recht, die ihr ohne ihre Zustimmung erstelltes Profil auf der Bewertungsplattform Jameda erstelltes Profil löschen lassen wollte.

Dass sämtliche Waren und Dienstleistungen im Internet bewertet werden können, ist längst Alltag und für viele selbstverständlich geworden. Doch muss sich jeder einer Bewertung im Internet stellen? Genau diese Frage zum Reputationsrecht ist Kern des aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17).

Frühere Entscheidung des BGH

In seinen früheren Entscheidungen zur Plattform Jameda aus dem Jahr 2014 (Urteil vom 23.09.2014 - VI ZR 358/13) hielten die Karlsruher Richter die Bewertungsplattform Jameda noch für datenschutzrechtlich zulässig. Seitdem gilt der Grundsatz, dass die Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen eines Arztes nicht schwerer wiegen als das Recht eines Portalbetreibers wie Jameda auf Kommunikationsfreiheit.

Paukenschlag – Jameda nicht neutral genug

In der aktuellen Entscheidung hält der BGH an diesem Grundsatz fest. Eine Einschränkung gibt es jedoch, die im zu entscheidenden Fall das Zünglein an der Waage war: verlässt die Plattform ihre Rolle als neutraler Informationsmittler, dann kann sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition nur mit geringerem Gewicht geltend machen, sodass die bereits erwähnte Abwägung zu Gunsten der Ärztin ausging. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Meinungsäußerungen mit einem wirtschaftlichen Hintergrund haben grundsätzlich ein geringeres Gewicht.

Jameda ist deshalb nicht neutral, da neben dem Profil nicht zahlender Ärzte dem Nutzer Anzeigen konkurrierender Ärzte der gleichen Fachrichtung in unmittelbarer Umgebung gezeigt werden. Diese Anzeigen gibt es nicht bei zahlenden "Premiumkunden": eine Konkurrenzwerbung wird auf diesen Profilen gerade nicht angezeigt. Darüberhinaus können diese auch ihr Profil selbst gestalten, zum Beispiel durch eigene Fotos.

Geschäftsmodell Bewertungen am Ende?

Doch auch wenn das Urteil für viele überraschend kam, bedeutet dies nicht das Ende des Jameda Geschäftsmodells. In einer Stellungnahme kurz nach Verkündung des Urteils erklärt die Plattform, dass die Anzeigen für konkurrierende Ärzte "mit sofortiger Wirkung" von den Profilseiten von Nicht-Premiumkunden entfernt wurden. Geschäftsführer Florian Weiß ist aufgrund dieser Änderung überzeugt, dass sich Ärzte "nach wie vor nicht aus Jameda löschen lassen" können.

Ob dies wirklich zutrifft ist fraglich. Denn ob allein das Entfernen der Konkurrenz-Anzeigen ausreicht, um wieder als neutraler Informationsmittler zu gelten, lässt sich sehr wohl hinterfragen. Die vom BGH geforderte Neutralität lässt sich wohl nur durch die Beseitigung aller Ungleichbehandlungen zwischen kostenfreien und Premium-Accounts herstellen. Nicht berührt von der Entscheidung des BGH ist übrigens die Frage, wann ein Arzt einen Anspruch hat, eine einzelne Jameda-Bewertung löschen zu lassen.

Folgen für andere Bewertungsplattformen

Dieser nun vom BGH aufgestellte Grundsatz wird auch allgemeine Bedeutung für das Social Media-Recht haben. Alle Bewertungsplattformen sind nunmehr gezwungen, ihre Werbeangebote kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Sonst werden sie wohl massenhaft mit Löschungsaufforderungen von Betroffenen konfrontiert werden.

Es bleibt dabei: Bewertungsplattformen sind zulässig, solange sie neutral sind. Ein effektives Reputationsmanagement wird daher auch in Zukunft ein wichtiges Thema für Unternehmer sein.