Keine Strafe für Steuerhinterziehung mit "Cum-Ex"?

Hamburger Bankier zu krank für den Prozess

Beim größten Steuerbetrug der deutschen Geschichte muss sich nicht jeder Protagonist wegen Steuerhinterziehung verantworten.

Veröffentlicht am: 25.06.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Die strafrechtliche Aufarbeitung der Steuerhinterziehung mit sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäften läuft weiter nicht rund. Bereits 2012 wurde das "Steuerschlupfloch" geschlossen. Erst 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass es sich dabei um strafbare Steuerhinterziehung handelte. Finanzbehörden und Justiz haben alle Hände voll zu tun die verlorenen Steuermilliarden einzusammeln und die Betrüger zur Rechenschaft zu ziehen. Frustriert vom Umgang der Politik mit dem Themenkomplex gab im April die Chefermittlerin Anne Brorhilker auf und wechselte zur Organisation Finanzwende. Ein weiterer Rückschlag ist nun die Einstellung des Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung gegen einen der Hauptakteure, den früheren Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius.

Verteidung und Staatsanwaltschaft beantragen Einstellung des Verfahrens

Olearius hat es seinem hohen Blutdruck zu verdanken, dass er sich nicht weiter für seine Machenschaften vor Gericht verantworten muss und damit auch einer drohenden längeren Haftstrafe wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung entgeht. Ein Gutachter hatte dem Bankier bescheinigt, dass dieser nur 45 Minuten täglich in der Lage sei, am Strafprozess teilzunehmen, sodass sich der Prozess bis in das Jahr 2024 hingezogen hätte.

Schlechte Nachrichten für die Staatskasse

Die Entscheidung dürfte nicht nur für den gewöhnlichen Steuerzahler (und selbst für den gewöhnlichen Steuerhinterzieher) schwer nachvollziehbar sein. Möglicherweise scheitert jetzt auch das Einziehungsverfahren, mit dem zumindest weitere 43 Millionen Euro als "Tatertrag" von Olearius zurückgeholt werden sollten. Es kommt sogar noch dicker: Die Kosten des bisherigen Verfahrens trägt nun vollständig der Steuerzahler, einschließlich der Verteidiger des Angeklagten, zu denen einige namhafte - und nicht ganz billige - Rechtsanwälte für Steuerstrafrecht gehören. Dabei ist auch Peter Gauweiler, der während seiner Zeit im Bundestag als Anwalt "Nebeneinkünfte" in Millionenhöhe generierte.

Kohle, Kontakte und Krankheit als wirksamer Schutz für Steuerhinterzieher?

Und wenn man Olearius hört, denkt man gleich auch an Olaf. Bundeskanzler Scholz hatte sich 2016 und 2017 gleich dreimal persönlich mit Olarius getroffen - damals noch als Erster Bürgermeister von Hamburg. Was die beiden zu besprechen hatten, daran kann sich Olaf Scholz weiter nicht erinnern. Fest steht nur, dass die Hamburger Finanzbehörde danach erhebliche Steuerforderungen aufgab und bedeutende Ansprüche verjähren ließ. Egal wie man diese Geschichte wertet und Olearius nun für einen Steuerhinterzieher oder einen gerissenen Geschäftsmann hält - niemand sollte glauben, dass Steuerbetrug ein Kavaliersdelikt ist, für das man sich nicht verantworten muss, wenn man nur gute Beziehungen, gute Anwälte und hohen Blutdruck hat. In den "normalen" Fällen bleibt daher die strafbefreiende Selbstanzeige der Königsweg, um straffrei zu bleiben.