Krankfeiern als Kündigungsgrund

Krankfeiern vs krank feiern

Kündigung wegen Krankfeierns - ein aktuelles Urteil beleuchtet, wann das geht.

Veröffentlicht am: 18.01.2023
Qualifikation: Rechtsanwältin in Berlin & Hamburg
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Berliner aufgepasst! Spaß. Aber trotzdem: Ein neues Urteil zum Krankfeiern schafft es in die Presse. Grund genug, sich das Urteil anzuschauen und genau zu beleuchten, wann das sog. Krankfeiern eine (ggf. sogar fristlose) Kündigung rechtfertigen kann - und wann nicht. 

Was ist Krankfeiern - und wie geht das? 

Das sog. "Krankfeiern" bedeutet eigentlich, dass Mitarbeiter sich bei der Arbeit krank melden, in Wirklichkeit aber gar nicht krank sind. In dem kürzlich ergangenen Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg war das Krankfeiern aber noch viel wörtlicher zu nehmen: Die betroffene Arbeitnehmerin hatte sich krank gemeldet und war in dieser Zeit tatsächlich auf einer Party gewesen und feierte buchstäblich in der Zeit der Krankmeldung auf der "White Night Ibiza Party". 

Je nach Voraussetzungen im Arbeitsvertrag ist dafür nicht unbedingt eine unwahre Krankschreibung erforderlich. Viele ArbeitgeberInnen sehen nämlich eine verpflichtende Krankschreibung durch den Arzt erst am zweiten oder dritten Tag der Erkrankung vor.

Krankfeiern: Fristlose Kündigung - und Straftat?!  

Fangen wir mal ganz vorne an, bei der eigentlichen Bedeutung des Wortes: Sich krank zu melden, obwohl man tatsächlich nicht krank ist, ist natürlich nicht in Ordnung. Wenn Vorgesetzte das rausfinden, rechtfertigt das auf jeden Fall eine Abmahnung. ArbeitnehmerInnen begehen dadurch möglicherweise sogar eine Straftat: Denn wer sich eine Entgeltfortzahlung erschleicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, dem kann unter Umständen sogar ein (versuchter) Betrug vorgeworfen werden. 

Ob das Krankfeiern im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigt, kommt natürlich immer auf die Umstände des Einzelfalles an. In vielen Fällen hat die Rechtsprechung aber bestätigt, dass beim Krankfeiern das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien so nachhaltig zerstört ist, dass eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann und eine außerordentliche, fristlose Kündigung damit in Ordnung war. 

Krankfeiern: Verdacht beweisen

In der Praxis ist die Frage regelmäßig aber gar nicht, ob Krankfeiern per se ein Kündigungsgrund ist - sondern ob überhaupt krankgefeiert wurde. Denn das zu beweisen, ist für den Arbeitgeber vor Gericht regelmäßig sehr schwierig. Tatsächliche Beweise sind oft nur zum Zufall zu verdanken - bzw. der Unvorsichtigkeit der Betroffenen. So hatte die Betroffene in dem aktuellen Fall des Arbeitsgerichts Siegburg Bilder von sich auf der White Night Ibiza Party auf ihrem WhatsApp-Status veröffentlicht, die ihrem Arbeitgeber dann in die Hände fielen. Die Frau hatte zudem anfänglich kein Attest eingereicht. 

Schon schwieriger ist es natürlich, wenn ein Attest vorliegt. Um zu beweisen, dass ein Attest unrichtig ist, müssen rechtlich hohe Hürden genommen werden. Denn ob eine Krankheit vorliegt, muss nunmal der behandelnde Arzt entscheiden und dem sog. gelben Schein (AU) kommt dabei ein hoher Beweiswert zu. Um diesen zu erschüttern, muss der Arbeigeber vor Gericht Tatsachen vortragen, die ernsthafte und begründete Zweifel an dem Attest aufkommen lassen. Das sind in der Praxis vor allem folgende Umstände: 

  1. Mitarbeiter kündigen die Krankheit (etwa im Streit) vorher an.
  2. Mitarbeiter sind immer während, vor oder nach dem Urlaub krank oder genau den Zeitraum zwischen Kündigung und Ende des Arbeitsverhältnisses.
  3. Mitarbeiter werden bei einer Tätigkeit beobachtet, die mit der Krankheit nicht vereinbar ist, z.B. körperliche Anstrengung, Alkoholgenuss & Feiern oder Reise ins Ausland.

Allerdings ist nicht jede Tätigkeit während der (angeblichen) Krankheit direkt ein Grund für Zweifel. 

Unterscheide: Feiern während der Krankheit - welche Tätigkeiten sind erlaubt?

Nun nämlich zum wichtigen Hinweis für alle Feierwütigen und Sonnenanbeter: Nur weil man während einer Krankmeldung bzw. Krankschreibung bei Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände gesichtet wird, heißt das noch lange nicht, dass dies einen hinreichenden Verdacht für eine Kündigung begründet. Denn auch wenn man krank ist, darf man Dinge unternehmen. Dabei darf man allerdings grundsätzlich solche Dinge nicht machen, die die eigene Heilung behindern oder verzögern. Denn als ArbeitnehmerIn hat man bei Krankheit die Pflicht, sich zu schonen und eine möglichst baldige Heilung herbeizuführen. 

Welche Tätigkeiten dann trotz Krankheit erlaubt sind, hängt deshalb ganz davon ab, an welcher Erkrankung man leidet. So kann eine Auslandsreise in die Sonne bei psychischer Erkrankung durchaus hilfreich sein. Und die Teilnahme auf einer Hochzeit verhindert, wenn man sich ruhig genug verhält, nicht unbedingt die Heilung einer gebrochenen Hand. So ist nicht per se auszuschließen, dass man während einer Krankheit auf einer Party gesichtet wird und dies nicht für eine Kündigung reicht. 

In diese Kerbe versuchte übrigens auch die Betroffene im Fall des Arbeitsgerichts Siegburg zu schlagen: Sie erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung mit dem Argument, dass sie an einer zweitätigen psychischen Erkrankung gelitten habe, die ihr zwar die Teilnahme an der Feier, nicht aber die Arbeit ermöglicht habe. Das war aber selbst den Richtern in Siegburg etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen und "schlicht unglaubhaft", so das Gericht. Etwas Plausibilität muss also schon herrschen. 

Was tun bei Kündigung nach Krankfeiern? 

Wer eine Kündigung wegen Krankfeierns erhält, hat aber grundsätzlich oft ganz gute Chancen, dagegen vorzugehen - wenn man sich nicht besonders ungeschickt angstellt hat. Denn obwohl Urteile, die Krankfeiern als Kündigungsgrund bestätigen, immer wieder in der Presse liest - es sind doch die wenigsten Fälle, in denen der Arbeitgeber vor Gericht wirklich hinreichend sicher beweisen kann, dass Betroffene auch wirklich nicht krank waren. Wer sich während einer Krankheit nicht ganz vernünftig verhält, kann oft gerade nicht fristlos gekündigt werden, sondern es muss ggf. erstmal eine Abmahnung ausgesprochen werden. 

ArbeitnehmerInnen sollten daher nach einer Kündigung einen kühlen Kopf bewahren (auch wenn der nach der Ibiza Party noch dröhnen mag) und möglichst schnell einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren, der die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage prüft. Nicht jede Party endet dann fatal.