Kündigung statt Scheidung

Die Ehe "light" aus Frankreich

Veröffentlicht am: 07.02.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Die Ehe "light" aus Frankreich

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Ehe ohne Scheidung, aber mit Kündigungsoption. Der französische „Pacs“ bietet Paaren, die nicht heiraten wollen, einen rechtlichen Rahmen und gesellschaftliche Anerkennung. Ist das auch in Deutschland die Zukunft?                                                                                       

Nach Cola light, Marlboro light und Rotwein light kommt jetzt endlich auch eine gesunde Alternative zur Eheschließung ins Kühlregal. Der neue Trend kommt aus Frankreich und nennt sich dort Pacte civil de solidarité (kurz: Pacs), zu deutsch: Solidaritätspakt.  

Ehe war gestern  

Eingeführt wurde der Pacs in Frankreich 1999, um gleichgeschlechtlichen Paaren eine Möglichkeit zu geben, ihre Partnerschaft rechtlich anerkennen zu lassen. Heute boomt der Pacs unter den Franzosen.

Rund 41 Prozent der Paare entscheiden sich gegen die Ehe im traditionellen Sinne und für den Pacs. Dabei sind 96 Prozent der Paare, die den Pacs wählen, heterosexuell. Seit 2015 fordern auch deutsche Politiker, allen voran die Grünen, ein deutsches Äquivalent. Doch was bleibt von der Ehe, wenn man die rechtliche Verantwortung ausklammert?  

Rechtliche Ausgestaltung  

Rechtlich ist der Pacs in Steuer- und Erbfragen der Ehe gleichgestellt. Auch gegenüber dem Arbeitgeber ist man als Paar anerkannt. Der Pacs ist ein Mustervertrag fürs Zusammenleben – nicht mehr, aber auch nicht weniger (also mehr als ein bloßer Partnerschaftsvertrag). Der Abschluss dauert wenige Minuten. Keine Party, kein teures Kleid, kein Versprechen für die Ewigkeit. Die Beteiligten entscheiden selbst, ob und wie detailliert sie ihr Zusammenleben regeln möchten. Bei gegenseitiger finanzieller Unterstützung wählen sie einen fixen Prozentsatz des Vermögens oder einen frei bestimmbaren Betrag aus. Rechtliche Konsequenzen in Bezug auf nicht eheliche Kinder gibt es nicht.  

Ende ohne Tränen?  

Um den Pacs zu beenden, genügt eine Mitteilung an den Gerichtsdiener. Er kann einseitig gelöst, sozusagen gekündigt werden. Rechtliche Konsequenzen entstehen nicht. Damit bietet der Pacs eine Möglichkeit, teure Scheidungen zu umgehen.  

Bei der aktuell hohen Scheidungsrate ist dies für viele attraktiv. Er trifft den Nerv einer schnelllebigen Generation und bietet eine rechtliche Lösung für jene, die nicht heiraten wollen. Er garantiert aber auch keinerlei Sicherheit für diejenigen, die aus Solidarität zum Partner auf ihre Karriere verzichten.  

Geht das auch in Deutschland?  

Deutsche Familienrechtler sehen teilweise einen Widerspruch zu dem Institutscharakter der Ehe. Darin liege eine Wertentscheidung, denn die Ehe ist nach dem deutschen Recht auf Lebenszeit angelegt. Der Ursprung des Lebenszeitprinzips der Ehe basiert auf religiösen Motiven. So sollen steuerliche Vorteile auch mit weitreichender finanzieller Verantwortung für das Wohl des anderen Hand in Hand gehen. Dass dies alternativlos sei, steht aber in unserem Grundgesetz keineswegs. Vielmehr könnte man die Ehe auch als Vertrag zwischen zwei Menschen sehen, den die Personen, die ihn geschlossen haben eben auch wieder auflösen können. Auch die Rahmenbedingungen des Vertrags könnten dann individuell ausgehandelt werden.  

Was bleibt, ist ein rationales Institut mit rechtlichen und steuerlichen Vorteilen, ohne Romantik, ohne Versprechen, mit optionaler Zukunft. Lebensabschnittspartner. Erstaunlicherweise liegt die Kündigungsrate bei den Pacs weit unter der Scheidungsrate. Vielleicht vermittelt der Pacs das Gefühl, immer wieder aufs neue eine freie Entscheidung treffen zu können. Vielleicht wählen wir bei Abwesenheit aller Zwänge automatisch das Glück. Warten wir ab, wie die Rate sich entwickelt, wenn die ersten Paare dieses noch in den Kinderschuhen steckenden sozialen Experiments in die kritischen Jahre kommen.