Pflichtteilsverzichtsvertrag wird teurer

BGH zur Gebührenforderung bei Verzicht gegenüber erstversterbendem Elternteil

Bei Pflichtteilsverzichtsverträgen gegenüber dem zuerst versterbenden Elternteil müssen Notare ihrer Gebührenforderung zukünftig das Vermögen beider Ehegatten zugrundelegen.

Veröffentlicht am: 08.11.2023
Qualifikation: Fachanwältin für Erbrecht
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Sofern ein Kind durch notariellen Pflichtteilsverzichtsvertraglediglich gegenüber demjenigen Elternteil auf seinen Pflichtteil verzichtet, welcher zuerst verstirbt, so muss der Gebührenforderung des Notars dennoch das Vermögen beider Ehegatten zugrunde gelegt werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof in seinem aktuellen Beschluss.

Pflichtteilsverzicht zur Absicherung des überlebenden Ehegatten

Ehegatten mit einem oder mehreren Kindern haben nicht selten das Bedürfnis, dass, wenn ein Ehegatte verstirbt, der überlebende Ehegatte zunächst finanziell vollumfänglich abgesichert ist und die Kinder das Vermögen erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten erhalten. Solche Erblasser errichten in aller Regel ein klassisches Berliner Testament. Sofern allerdings zusätzlich auch verhindert werden soll, dass die Kinder beim ersten Erbfall ihren Pflichtteil geltend machen, ist erforderlich, dass neben dem Testament beim Notar ein Pflichtteilsverzichtsvertrag it den Kindern beurkundet wird. So lag es auch in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall. Die Ehegatten vereinbarten mit beiden Kindern in notarieller Form, dass die Kinder auf den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden zugunsten des überlebenden Ehegatten verzichten.

Geschäftswert = Addition beider Pflichtteilansprüche

Der Notar stellte dem Ehepaar daraufhin eine Gebührenforderung in Rechnung, welcher er nur das Vermögen eines Ehegatten zugrunde gelegt hatte. Die Notarkammer beschwerte sich hierüber, da sie der Meinung war, dass für einen solchen Pflichtteilsverzicht das Vermögen beider Ehegatten der Gebührenforderungen zugrunde zu legen ist.

Durch Beschluss vom 11.10.2023 (IV ZB 26/22) äußerte sich schlussendlich der Bundesgerichtshof zu dieser Frage. Er stellt in seinem Beschluss klar, dass der Gebührenforderung für einen Pflichtteilsverzicht gegenüber einem erstversterbenden Elternteil grundsätzlich das Vermögen beider Ehegatten zugrunde zu legen ist. Der maßgebliche Geschäftswert sei durch Addition beider Pflichtteilsansprüche – nach beiden Ehegatten – zu ermitteln.

Im Ergebnis zwei Pflichtteilsverzichtsverträge

Zwar ist grundsätzlich, wenn jemand gegenüber einer einzelnen Person einen Pflichtteilsverzicht erklärt, nur das Vermögen dieser Person dem Geschäftswert zugrunde zu legen. Die Besonderheit in diesem Fall war aber, dass ein Pflichtteilsverzicht gegenüber demjenigen Elternteil erklärt wird, der zuerst verstirbt. Zum Zeitpunkt des Pflichtteilsverzichts ist allerdings noch gar nicht klar, welcher Ehegatte als Erstes versterben wird. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss daher klar, dass in einem Pflichtteilsverzicht gegenüber dem erstversterbenden Elternteil eigentlich zwei verschiedene Pflichtteilsverzichtsverträge zu sehen sind, nämlich gegenüber beiden Elternteilen. Diese seien lediglich auflösend bedingt für den Fall, dass der andere Ehegatte zuerst verstirbt.

In der Praxis wohl eher keinen Einfluss auf Nachfolgeplanung

Im Ergebnis werden daher Notare bei derartigen Pflichtteilsverzichtsverträgen keine Gebührenrechnungen mehr stellen dürfen, denen nur das Vermögen eines Ehegatten zugrunde gelegt wird. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs dürfte allerdings in der Praxis keinen großen Einfluss darauf haben, ob es zu derartigen Pflichtteilsverzichtsverträgen kommt oder nicht. Auch wenn sich der Geschäftswert für die Gebühr nun regelmäßig verdoppeln sollte, fallen die Gebühren im Verhältnis zu dem regelnden Rechtsverhältnis nicht beträchtlich ins Gewicht. Bei einem theoretischen Pflichtteilsanspruch von 250.000 Euro fallen zum Beispiel 1.297 EUR Notargebühren an.