Überstunden - abbauen, ausbezahlen, abgegolten

Vom Anwalt erklärt: Überstunden im Arbeitsrecht

Jeder macht sie früher oder später einmal, die Wenigsten wissen aber über ihre Rechte im Zusammenhang mit Überstunden Bescheid. Alles was Sie zum Thema Überstunden wissen müssen, erklären unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht in diesem Beitrag.

TOP 20 - Die wichtigsten Infos zu Überstunden

Unsere Beratungsleistungen im Arbeitsrecht

Unser Team mit Fachanwälten für Arbeitsrecht, Wirtschaftsanwälten und Steuerberatern betreut bundesweit Arbeitgeber, Vorstände, Geschäftsführer und leitende Angestellte in allen Fragen rund um das Arbeitsverhältnis.

Für eine Mandatsanfrage kontaktieren Sie bitte direkt telefonisch oder per E-Mail einen unserer Ansprechpartner oder nutzen Sie unser Kontaktformular am Ende dieser Seite. 

Was sind Überstunden?

Überstunden entstehen immer dann, wenn der Arbeitnehmer mehr, also länger arbeitet, als er vertraglich verpflichtet ist. Wie lange er arbeiten muss, ergibt sich aus seinem Arbeitsvetrag oder einem geltenden Tarifvertrag.

Davon zu unterscheiden ist die sog. Mehrarbeit:

Was ist Mehrarbeit?

Als Mehrarbeit bezeichnet man es, wenn der Arbeitnehmer die gesetzlich laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zulässige Zahl an Wochenarbeitsstunden (grds. 48 Wochenarbeitsstunden, ausnahmsweise 60 Wochenarbeitsstunden) überschreitet. 

Muss ich Überstunden machen?

Kann mein Arbeitgeber mich zwingen, Überstunden zu machen? Grundsätzlich: Nein. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst zwar das Recht, Ihnen inhaltlich vorzuschreiben, was Sie in ihrer Arbeitszeit tun. Arbeitnehmer schulden aber nur die im Arbeitsvertrag festgelegte Zeit. Diese kann der Arbeitnehmer nicht einseitig ändern. 

Einzige, sehr selten Ausnahme sind sog. Notsituationen. Diese liegen aber nur bei echten Notfällen vor, also bei einem Brand oder anderen Naturkatastrophen. Hier können z.B. Hilfskräfte herangezogen und zur Abwehr der Gefahr zu Überstunden verpflichtet werden. Ein großer Auftrag oder eine eilige Frist eines Kunden zählen hierunter aber definitiv nicht. 

Was gilt, wenn ich Überstunden mache?

Auch wenn Überstunden einseitig vom Chef nicht angeordnet werden können - möglich und üblich ist dagegen, dass Sie sich mit Überstunden einverstanden erklären. Das kann bereits im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung vorgesehen sein. Es genügt aber auch eine mündliche oder konkludente Einigung durch schlüssiges Handeln. 

Was die Rechtsfolge geleisteter Überstunden ist, also was anschließend mit diesen Stunden geschehen soll, richtet sich grundsätzlich nach der Vereinbarung zwischen den Parteien.

Habe ich ein Recht auf Auszahlung von Überstunden?

Ja. Überstunden müssen grundsätzlich vergütet werden. Zu den (oft unwirksamen) Regelungen im Arbeitsvertrag zur Abgeltung sogleich. Ausnahmsweise kann aber stattdessen ein Freizeitausgleich im Arbeitsvertrag vereinbart werden:

Abbummeln von Überstunden (Freizeitausgleich)

Im Arbeitsvertrag kann ausnahmsweise geregelt werden, dass der Arbeitnehmer die Überstunden abbauen, also "abbummeln", muss. Dann ist eine Vergütung nicht zu zahlen. Das geht aber nur, wenn der Arbeitnehmer dieser Regelung zugestimmt hat, denn er hat grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung gegen den Arbeitgeber. 

Überstunden - was ist besser: Auszahlen oder mehr Urlaub?

Stehen Ihnen beide Optionen offen, können Arbeitnehmer oft selbst entscheiden, ob sie geleistete Überstunden lieber ausgezahlt haben möchten oder stattdessen einen Freizeitausgleich nehmen und die Stunden abbummeln. Die Entscheidung ist häufig eine persönliche, die auf die eigene Prioritätensetzung zurückgeht. 

Manchmal kann aber ein Freizeitausgleich nichtsdestotrotz sinnvoller sein, wenn die Versteuerung einer Auszahlung dazu führen würde, dass eine gewisse Lohngrenze überschritten sind und dadurch auf das gesamte Jahresgehalt mehr Steuern anfallen. Dann kann einen in unglücklichen Situationen die Auszahlung einiger weniger Überstunden teuer zu stehen kommen. Sprechen Sie diesbezüglich am besten mit Ihrem Steuerberater.

(Un)wirksame Überstundenregelung im Arbeitsvertrag - mit Gehalt abgegolten?

Manche Arbeitsverträge regeln Überstunden - gute Verträge sollten das in der Regel auch, damit zwischen den Parteien diesbezüglich keine Rechtsunsicherheit besteht. Dabei ist die in der Praxis häufig anzutreffende Regelung, wonach Überstunden mit dem vereinbarten Gehalt als "abgegolten" beschrieben werden, übrigens unwirksam! Denn die entsprechenden Klauseln in Arbeitsverträgen unterfallen der AGB-Kontrolle und benachteilen den Arbeitnehmer unangemessen. Nur, wenn die mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden angemessen eingegrenzt sind, ist die Regelung wirksam. 

Musterformulierung für eine gültige Überstundenregelung: "Über­stun­den wer­den nicht ge­son­dert vergütet, son­dern sind mit dem Ge­halt ab­ge­gol­ten, so­weit sie ei­nen Um­fang von drei St­un­den pro Wo­che / zehn St­un­den pro Ka­len­der­mo­nat nicht über­schrei­ten. "

Erhält Ihr Arbeitsvertrag dagegen eine unwirksame Regelung, deruzfolge alle Überstunden als abgegolten zählen, habe Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Vergütung der Überstunden. 

Wieviele Überstunden sind erlaubt?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht vor, dass ein Arbeitgeber maximal 8 Stunden pro Tag, basierend auf einer 6-Tage-Woche arbeiten darf. Mithin sind 6 x 8 = 48 Stunden pro Woche das zulässige Höchtmaß. Pausen zählen dabei übrigens nicht mit. 

In Ausnahmefällen darf die Arbeitszeit vorübergehend auf 10 Stunden pro Tag, mithin 60 Stunden die Woche hochgesetzt werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Überstunden - Auszahlung berechnen

Wieviel Geld bekomme ich für meine Überstunden? Dafür muss anhand des Gehalts des Arbeitnehmers der Stundenlohn ausgerechnet werden, und dieser anschließend pro Überstunde ausgezahlt werden. 

Formel: (Monatsgehalt) x 3 : 13 : (Wochenarbeitsstunden)

Beispielrechnung: Bei einer 40-Stunden-Woche verdient eine Angestellte 4.000 EUR brutto.

- 4000 x 3 = 12.000 EUR
- 12.000 : 13 = 923,08 EUR
- 923,08 : 40 = 23,08 EUR 

Für eine Überstunde bekommt die Angestellte also 23,08 EUR vergütet.

Muss der Arbeitgeber einen Überstundenzuschlag zahlen?

Bei einem Überstundenzuschlag bekommt der Arbeitnehmer pro Überstunde mehr gezahlt, als für eine reguläre Arbeitsstunde (nach obiger Rechnung). Grundsätzlich muss der Arbeitgeber keinen Überstundenzuschlag zahlen.

Davon gibt es aber eine Reihe von Ausnahmen: Zuschlag muss der Arbeitgeber dann zahlen, wenn dies vertraglich im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Dort werden oft 10-25% Zuschlag vereinbart. Aber auch, wenn ein Zuschlag schlicht branchenüberlich ist, kann ein Anspruch bestehen. Bei Teilzeit besteht ein Anspruch auf Zuschlag indes regelmäßig nicht.

Zudem besteht ein Anspruch auf Zuschlag bei Nachtarbeit. Hier schreibt das Arbeits­zeitgesetz einen angemessenen Zuschlag vor. Zwischen 23 und 6 Uhr hielt das Bundes­arbeits­gericht 25 Prozent für angenmessen, bei Dauer­nacht­arbeit 30 Prozent (Az. 10 AZR 423/14).

Ausgleich von Überstunden auch bei Führungskräften?

Bekommen auch leitende Angestellte und Führungskräfte ihre Überstunden ausgeglichen? Das kommt drauf an. Nach früherer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) konnte wirksam vereinbart werden, dass Führungskräfte ihre Überstunden mit dem Gehalt abgegolten bekommen. Danach konnte ein Ausgleich wirksam ausgeschlossen werden. Mittlerweile ist das, nach aktueller Rechtsprechung, nur noch in bestimmten Konstellationen möglich. Denn auch für leitende Führungskräfte gilt die AGB-Kontrolle und das Benachteiligungsverbot. Nur wenn ihr Gehalt so hoch ist, dass es für die entsprechenden Überstunden in einem angemessenen Verältnis steht und sie in der Einteilung ihrer Arbeitszeit weitgehend selbstbestimmt sind, ist ein Ausschluss möglich. 

Überstunden nachweisen: Stundenzettel, Zeiterfassung

Wer von seinem Arbeitgeber nun geleistete Überstunden bezahlt haben und dies ggf. gerichtlich einklagen möchte, sollte aber beachten: Überstunden müssen nachgewiesen werden. Das geht in der Regel nur, wenn Stundenzettel oder eine Zeiterfassung genutzt wurde, die den genauen Umfang und den Zeitpunkt der Überstunden genau und glaubwürdig erfassen. 

Arbeitszeit erfassen - Pflicht des Arbeitgebers?

Tatsächlich ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, ein System einzurichten, das die Arbeitzeit der Arbeitnehmer systematisch und verlässlich erfasst. Dies geht auf eine wegweisende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zurück (Urteil vom 14.05.2019, Az. C-55/18). Seitdem haben viele deutsche Gerichte, darunter auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, ein Recht auf Forderung einer Zeiterfassung bejaht. 2022 bestätigte dies auch das BAG und bejahte einen direkten Anspruch der Mitarbeiter gegen die Arbeitgeber auf Einführung einer Zeiterfassung.

Frist beachten - Überstunden rechtzeitig geltend machen

Wer die Auszahung seiner Überstunden beim Arbeitgeber geltend machen möchte, sollte dies unbedingt rechtzeitig tun. Arbeitsrechtliche und tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen können dazu führen, dass die Lohnansprüche umgehend gefordert werden müssen und andernfalls verjähren. Vertraglich ist oft eine Frist von 3 Monaten vereinbart. 

Gibt es keine vertragliche Frist, gilt die gesetzliche Vejährungsregelung von 3 Jahren zum Ende des Jahres. 

Beispielrechnung: Im Jahr 2021 machen Sie 100 Überstunden. Diese können Sie bis Ende des Jahres 2024 geltend machen. 

Klagen: Überstunden vor Gericht geltend machen

Wer seine Überstunden nachweisen kann und die Ausschlussfristen für die Geltendmachung beachtet, kann die Auszahlung seiner Überstunden notfalls auch vor Gericht durchsetzen. Da dadurch häufig das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber belastet wird, empfehlen wir, im Vorfeld lieber eine gütliche und außergerichtliche Einigung anzustreben. Dies hat für beide Seiten Vorteile: Arbeitnehmer können Ihre Stelle im Unternehmen schützen und das gute Verhältnis zum Chef wahren. Arbeitgeber können dagegen das Betriebsklima wahren und vielleicht ähnliche Forderungen anderer Mitarbeiter vorbeugen und so viel Geld sparen. 

Was geschieht mit Überstunden bei Kündigung?

Wird der Arbeitnehmer gekündigt oder kündigt er selbst, greift die vertragliche Regelung für Überstunden - also abfeiern oder ausbezahlen. Dies gilt nicht im Fall einer fristlosen außerordentlichen Kündigung. Da diese sofort wirksam ist, kommt ein Freizeitausgleich nicht mehr in Betracht und die Stunden müssen ausgezahlt werden. Gibt es keine vertragliche Regelung, greift die gesetzliche und der Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch auf Vergütung. 

Hinweis aus der Praxis: Wird der Vertrag nicht durch Kündigung, sondern durch einen Aufhebungsvertrag beendet, wird in diesem meist geregelt, dass etwaige weitere Ansprüche - hierunter fallen dann oft auch die Vergütungsansprüche in Bezug auf die Überstunden - als abgegolten gelten.

Arbeiten am Samstag & an Sonn- und Feiertagen

Grundsätzlich geht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) von einer 6-Tage Woche aus: Der Samstag zählt in Deutschland als Werktag. Der Arbeitgeber kann somit verlangen, dass Angestellte am Samstag arbeiten. Dies zählt als reguläre Arbeitszeit und wird nicht gesondert vergütet. Hier geht es nicht um Überstunden, sondern um die Verteilung der geltenden Stunden auf die Woche. Hier steht dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht zu: Er kann entscheiden, wann und wo der Arbeitnehmer was tut. 

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht arbeiten. Die Grenzen und Ausnahmen vom diesem Beschäftigungsverbot sind in §§ 9, 10 ArbZG geregelt. Greift eine dieser Ausnahmen und kann der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet werden, greift indes grundsätzlich kein Anspruch auf einen Lohnzuschlag und diese Zeiten sind nicht per se Überstunden, sofern dies nicht explizit vertraglich vereinbart wurde.

Überstunden bei Krankheit, Urlaub, Elterngeld oder Arbeitslosengeld

Ob die Überstunden bei der Berechnung der Arbeitszeit für gewisse andere Leistungen berücksichtigt werden, kommt ganz darauf an: 

Bei Krankheit und Urlaub gilt das sog. Lohnausfallprinzip. Demnach ist der Arbeitnehmer so zu stellen, als würde er seiner Arbeit so nachgehen wie gewöhnlich. Er bekommt daher in der Regel sein vertraglich festgelegtes Gehalt im Krankheitsfall oder während des Urlaubs ausgezahlt. Unregelmäßig anfallene Überstunden ändern hieran zunächst nichts. 

Die aktuelle Rechtsprechung des BAG hat indes bereits anerkannt, dass regelmäßige Überstunden bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sind, wenn sie faktisch zu einer Veränderung der regelmäßigen Arbeitszeit gegenüber der eigentlich vertraglich vereinbarten führen. Arbeiten Sie also regelmäßig über einen längeren Zeitraum zum Beispiel 25 Stunden mehr jeden Monat, dann muss diese Zahl auch während ihres Urlaubs angesetzt werden. 

Bei Elterngeld ist dies ähnlich, hier ist die regelnmäßige Arbeitszeit der letzten zwölf Monate maßgeblich.

Beim Arbeitslosengeld 1 dagegen gilt allein die tarifliche Arbeitszeit. 

Überstunden & Steuern

Muss ich die Auszahlung meiner Überstunden versteuern? Grundsätzlich ja. Die Vergütung für Überstunden wird als normaler Lohn angesehen und auch als solcher versteuert. Die Vergütung von Überstunden sorgt also per se für ein höheres Jahreseinkommen und somit auch für mehr Steuern. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) gewisse Steuerermäßigungen für Nachzahlung von Überstundenanerkannt, zum Beispiel für einen Zeitraum von über zwölf Monaten. Sprechen Sie im Zweifel über Ihren Individuelfall mit ihrem Steuerberater. 

Kontaktformular für unverbindliche Mandatsanfragen

Schildern Sie uns Ihr Anliegen und/oder lassen Sie sich zurückrufen.

Hiermit willige ich in die Verarbeitung meiner Daten gemäß der Datenschutzerklärung (Ziffer VIII.) ein. Die Daten werden zur Bearbeitung meiner Kontaktanfrage benötigt und nicht an Dritte weitergegeben. Diese Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft durch Erklärung gegenüber ROSE & PARTNER widerrufen.