Umfassende Reform zur Finanzierung von Startups

Wirtschaftsministerium: Mehr Venture Capital, weniger Steuern für Mitarbeiter

Die neue Reform für Startups sieht mehr Finanzierung und Venture Capital sowie staatliche Fördermittel für Gründer sowie weniger Steuern für Mitarbeiterbeteiligungen vor.

Veröffentlicht am: 07.06.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg & Berlin
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Robert Habeck, Wirtschaftsminister der Grünen, legt ein Strategie-Papier vor, das eine finanzielle Förderung und Entlastung von Startups in Deutschland vorsieht. Was steckt hinter den Reform-Entwürfen?

Hintergrund: Wirtschaftliche Belastung für Startups?

Als Begründung für den - von GründerInnen der Startup-Szene zum Teil schon lange geforderten - Vorstoß nennt das Wirtschaftsministerium eine aktuell angeblich drohende Entlassungswelle und wirtschaftliche Schwierigkeiten der Branche. Tatsächlich gehen Experten für 2022 von einer steigenden Zahl an Insolvenzen bei deutschen Unternehmen aus (wir berichteten am 19. April 2022: Mehr Unternehmensinsolvenzen erwartet).

Die steigenden Zahlen, die viele mit wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen zunächst während der Covid-Pandemie, mittlerweile durch den Ukrainekrieg und die steigenden Preise begründen, fußt aber auch in den milliardenschweren staatlichen Hilfspaketen der letzten Jahre: Im letzten Jahr war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen immerhin so niedrig wie noch nie seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung.

Inhalt: Finanzierung für Startups erweitern

In dem nun vorgelegten Strategie-Plan sieht Wirtschaftsminister Habeck vor allem die Stärkung der Finanzierung von Startups vor. Tatsächlich beklagt die Branche schon länger, dass vielen Startups nach der ersten erfolgreichen Finanzierungsrunde oft der Zugang zu größeren Investitionssummen in Deutschland verwehrt bleibe, weil kein Investor gefunden werde.

Dazu sollen künftig auch Versicherungen und Pensionskassen ihr Geld in großem Stil als Wagniskapital investieren dürfen: "Die Bundesregierung strebt den Aufbau eines Kapitalstocks bei der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge an und wird diesen mit einer Mindestinvestitionsquote in Venture Capital-Fonds versehen, um die Verfügbarkeit von Risikokapital strukturell und dauerhaft zu stärken", heißt es in der Mitteilung.

Steuern bei virtueller Mitarbeiterbeteiligung (VSOP)

Weiter kündigt das Ministerium an, attraktivere Regelungen für Mitarbeiter von Startups zu schaffen, damit diese an dem Erfolg ihres Unternehmens profitieren können. Bereits vor einem Jahr war die letzte Reform in Kraft getreten, die eine Stundung der Steuerlast für echte Beteiligungen von Mitarbeitern vorsieht. Der Startup-Branche war diese Regelung aus vielen Gründen nicht zu weit gegangen: Viele junge Unternehmen fielen schon gar nicht mehr unter die Definition des Gesetzes von einem "Startup".

Zudem gilt die aktuelle Steuererleichterung nur für echte Anteile und nicht für sog. virtuelle Anteile (VSOP), die aufgrund ihrer größeren Flexibilität in der Branche mittlerweile Standard sind.

Zusammenarbeit mit Staaten der EU

Auch eine Zusammenarbeit zur Erprobung neuer Technologien oder Geschäftsmodelle unter Mitarbeit der zuständigen Behörden möchte das Wirtschaftsministerium ausweiten. Das sei insbesondere dann wichtig, wenn der geltende Rechtsrahmen für neue Technologien noch vermehrt Hindernisse darstelle. Für besonders teure Projekte sollen außerdem größere Fonds geschaffen werden, um eine europaweite Förderung zu ermöglichen.

Staatliche Förderung für Frauen, Klima und Nachhaltigkeit

Der Entwurf sieht ferner diverse neue staatliche Fördergelder für Startups vor: Zunächst würden eigene finanzielle Mittel für Startups und neue Technologien reserviert sein, die sich mit grüner Innovation, Nachhaltigkeit oder Social Impact beschäftigen. Für den Zeitraum 2022 - 2025 sind hierfür rund ein Fünftel der Investitionen des Europäischen Investitionsfonds reserviert.

Auch der geringe Frauenquote von 17,7% der Startup-Gründerinnen soll durch eigene Förderungen entgegen getreten werden.

Mehr Bildung, Talente nutzen

Um Deutschland auch in Zukunft als Startup-Standort zu fördern, spricht das Ministerium weiter auch davon, bestehende Talente besser zu nutzen und neue Talente effizienter zu fördern.

Dazu gehört einerseits der verpflichtende Unterricht im Fach Informatik ab der Sekundarstufe 1. Schüler und Schülerinnen sollen zudem vermehrt und früh mit Startups in Kontakt gebracht werden.

Darüber hinaus sollen ausländische Studierende mit Sprachunterricht unterstützt werden und die Einwanderung für qualifizierte Fachkräfte vereinfacht werden - insbesondere, wenn es um die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Qualifikationen geht.

Fazit: Klingt ja alles ganz gut, aber...

Der Entwurf hat sich große Ziele gesetzt - lässt aber leider in Bezug auf das Wie, Was und Wann noch viele Fragen offen. Konkrete Ideen für die Umsetzung nennt er keine, vielmehr bleibt er erstaunlich schwammig auch in Bezug auf viele bereits sehr konkrete Probleme. Es besteht also durchaus Bedarf an weiteren Ausführungen und Konkretisierung der noch vagen Pläne, Deutschland wieder zum Innovationsstandort zu machen. Wir und viele Startups dürften weiter gespannt bleiben.